Brisanter UNO-Bericht

Trump-Vertrauter hinter Söldnermission in Libyen?

Ausland
21.02.2021 21:24

Vor wenigen Tagen beging Libyen den zehnten Jahrestag des Aufstands gegen den getöteten langjährigen Machthaber Muammar al-Gaddafi. Im nach wie vor zerrissenen nordafrikanischen Land herrscht derzeit eine fragile Waffenruhe zwischen den Kräften des abtrünnigen Generals Khalifa Haftar und der sogenannten Einheitsregierung in Tripolis. Das Bürgerkriegsland ist mit einem Waffenembargo belegt, das im Rahmen der EU-Mission „Irini“ überwacht wird. Die Vereinten Nationen beklagen allerdings seit Jahren, dass es immer wieder zu Brüchen dieses Embargos komme und ausländische Mächte „Stellvertreterkriege“ in Libyen führten. Nun listet ein UNO-Bericht schwere Vorwürfe gegen den Gründer der ehemaligen US-Militärfirma Blackwater, Erik Prince, auf. Dieser soll eine Söldneroperation mit dem Ziel geplant haben, die Regierung in Tripolis zu stürzen.

Der 51-jährige ehemalige Navy Seal soll laut einem Expertengremium der Vereinten Nationen dem libyschen Warlord Haftar im April 2019 in Kairo eine Militäroperation vorgeschlagen haben, die dem General im Kampf gegen die international anerkannte Regierung des Landes helfen sollte. Die sogenannte „Operation Opus“ sollte Haftar demnach bei seinem Marsch auf die Hauptstadt Tripolis mit bewaffneten Flugzeugen, Aufklärungsflügen, Booten sowie mit einem Programm zur Entführung und Tötung von hochrangigen feindlichen Personen unterstützen. Prince habe in der Folge Kriegsflugzeuge nach Libyen gebracht und damit gegen das Waffenembargo für das Bürgerkriegsland verstoßen. Ein solcher Verstoß kann mit Sanktionen gegen Einzelpersonen, etwa mit dem Einfrieren von Bankkonten oder Reisesperren, geahndet werden.

Blackwater-Gründer Erik Prince (Bild: AP)
Blackwater-Gründer Erik Prince

Über die Mission hatte die Nachrichtenagentur dpa bereits im Mai unter Berufung auf UNO-Experten berichtet - allerdings ohne die Information, dass Prince eng mit ihr verbunden gewesen sein soll. Der ehemalige Elitesoldat war in den vergangenen Jahren immer wieder mit engen Kontakten zu Ex-Präsident Donald Trump und dessen Umfeld aufgefallen. Das „Wall Street Journal“ bezeichnete Prince noch Ende 2019 als „informeller Berater“ Trumps. Prince ist zudem der Bruder der ehemaligen US-Bildungsministerin Betsy DeVos.

Die „Operation Opus“ wurde im Sommer 2019 in Libyen von vorrangig westlichen Söldnern unter anderem aus Australien ausgeführt - Prince spielte dabei offenbar eine zentrale Rolle bei der Planung und Logistik. Die Personen standen der UNO zufolge im Dienst von Sicherheitsfirmen in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Ende Juni stiegen demzufolge mindestens 20 Personen im jordanischen Amman in eine Frachtmaschine des Typs Turboprop. Sie kamen aus Australien, Frankreich, Malta, Südafrika, dem Vereinten Königreich und den USA.

Der abtrünnige General Khalifa Haftar hält weiterhin weite Teile Libyens unter seiner Kontrolle und sieht sich als legitimer Führer des Bürgerkriegslandes. (Bild: APA/AFP/LNA War Information Division)
Der abtrünnige General Khalifa Haftar hält weiterhin weite Teile Libyens unter seiner Kontrolle und sieht sich als legitimer Führer des Bürgerkriegslandes.

Ihr Ziel war Bengasi im Osten des Bürgerkriegslandes - die Hochburg des einst mächtigen Generals Haftar, der 2019 eine Offensive auf die Hauptstadt Tripolis im Westen gestartet hatte. Dort wollte er die international anerkannte Einheitsregierung des Landes stürzen, die auch von den USA und weiten Teilen des Westens unterstützt wurde. Zu Haftars Verbündeten zählten die VAE, Russland, Frankreich und Ägypten. Viele dieser Länder schickten trotz des Embargos Waffen und Söldner in das Land, in dem längst ein Stellvertreterkrieg tobte.

Während der hitzigsten Phase des Kampfes um Tripolis hatte Haftar sich - das legt der UNO-Bericht nahe - offenbar dem hochprofilierten Militär-Netzwerker Prince zugewandt. Die Experten der Vereinten Nationen bringen dabei vor allem drei bei der „Operation Opus“ eingesetzte Flugzeuge mit dem Amerikaner in Verbindung: eine „Antonov AN-26B“ von einem Unternehmen aus Bermuda, ein LASA T-Bird-Leichtangriffsflugzeug von einer bulgarischen Firma und ein Pilatus PC-6 ISR-Flugzeug, das von einem Schweizer Unternehmen entwickelt wurde.

(Bild: APA/AFP/MARCO LONGARI)

Princes Anwalt: „Er hat nichts damit zu tun“
Die Firmen in Besitz dieser Flugzeuge seien von Prince „kontrolliert“ worden und bei der Operation eingesetzt worden, bevor sie überhaupt bezahlt waren. „Niemand sonst war in der Lage, den Verkauf dieser Flugzeuge innerhalb eines so kurzen Zeitrahmens zu arrangieren“, schlussfolgern die UNO-Experten. Ein Anwalt von Prince teilte der „Washington Post“ per E-Mail mit: „Erik Prince hatte absolut nichts mit irgendeiner Operation in Libyen 2019 oder zu einem anderen Zeitpunkt zu tun.“

Die „Operation Opus“ wurde den Informationen der UNO-Experten zufolge keine Woche nach ihrem Start abgebrochen. Die Gruppe bestieg im Hafen von Bengasi Boote und kam nach einer 15-stündigen Fahrt über das Mittelmeer in Malta an. Die Entscheidung für die Evakuierung wurde dem Bericht zufolge deswegen getroffen, weil Haftar mit dem beschafften Kriegsgerät unzufrieden gewesen sei und die Söldner bedroht habe.

Soldaten des abtrünnigen Generals Khalifa Haftar in Bengasi (Bild: APA/AFP/Abdullah DOMA)
Soldaten des abtrünnigen Generals Khalifa Haftar in Bengasi

Übergangsregierung soll Wahlen vorbereiten
Der Marsch Haftars auf Tripolis wurde bekanntlich zurückgeschlagen, was auch an der Unterstützung für die Einheitsregierung unter anderem aus Italien, Katar und der Türkei lag. Der Machtverlust Haftars trug zur jüngsten Entwicklung in Richtung Frieden bei: Vertreter der Konfliktparteien wählten nach monatelangen Verhandlungen eine neue Übergangsregierung, die den Weg zu Wahlen ebnen soll.

Quellen: APA, dpa, „Washington Post“

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