Er ist wieder da: Nach seiner neuerlichen Operation und etlichen Wochen ohne öffentlichen Auftritt spricht der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil über die seiner Ansicht nach falsche Positionierung der SPÖ und seine eigenen Corona-Meinungswechsel. Am Kanzler übt der SPÖ-Mann scharfe Kritik.
„Krone“: Herr Landeshauptmann, bei den Bund-Länder-Runden zur Corona-Krise fehlten Sie zuletzt meistens. Nur aus gesundheitlichen Gründen?
Hans Peter Doskozil: Einerseits war ich gesundheitlich verhindert. Andererseits muss man sich die Frage stellen, wozu es diese Runden überhaupt gibt. Da werden oft nur Zahlen ausgetauscht, die kann ich aber in der Zeitung auch lesen. Es gibt keine strukturelle Diskussion. Ich werde mich jetzt aber wieder daran beteiligen, man kann ja Kritik nicht nur aus der Distanz vorbringen.
Sie wurden neuerlich operiert. Was wurde da gemacht?
Das kam sehr überraschend. Ich hatte im Kehlkopf ein Abszess, das ist sozusagen explodiert und hat mir praktisch die Luft- und Speiseröhre abgedrückt. Das musste saniert werden.
Ihre Stimme ist noch angeschlagen. Bleibt das so?
Im Kirchenchor werde ich wohl nicht mehr auftreten können. Aber meine Stimme ist politiktauglich.
Änderte sich nun etwas an der Idee, vielleicht auf die Bundesebene zurückzukehren?
Mit Sicherheit nicht.
Apropos Bundespolitik: Im Dezember forderten Sie noch einen harten Lockdown, jetzt plädieren Sie für Öffnungen. Woher der Sinneswandel?
Man merkt das ja an der Stimmung in der Bevölkerung, an der sich die Politik natürlich orientieren muss: Die Menschen gehen bis zu einem gewissen Grad nicht mehr mit. Wir müssen aber lernen, mit dem Virus zu leben. Gesichert öffnen, wo es geht - und vor allem wo es um Arbeitsplätze geht.
Ihre Parteichefin ist allerdings strikt gegen Öffnungen.
Man muss Pamela Rendi-Wagner attestieren, dass sie als Ärztin sehr fokussiert auf das Corona-Thema ist und jetzt sicher eine ausgezeichnete Gesundheitsministerin wäre. Aber man muss das Thema breiter denken.
Und das tut sie nicht?
Ich wollte das jetzt bewusst positiv formulieren.
Wann auch immer die nächste Wahl stattfindet: Ist sie da Ihrer Meinung nach als Spitzenkandidatin gesetzt?
Gesetzt ist in der Politik niemand, auch ich nicht bei der nächsten Landtagswahl. Man muss immer auch schauen, ob die Umfragewerte passen. Wenn die allgemeine Situation ergibt, dass die Kandidatin umfragetechnisch die beste ist, dann wird sie es sein. Und wenn sie die Erwartungen hingegen nicht erfüllt, wird es schwierig.
Die SPÖ setzte zuletzt meist auf konstruktive Oppositionspolitik. Wie finden Sie das?
Es ist nicht gescheit, dass wir oft so defensiv sind. Wir schauen zu, wie ÖVP-Politiker von der Justiz als Beschuldigte geführt werden. Da bräuchte man viel offensivere Oppositionspolitik.
Einige spekulierten angesichts des Krachs von ÖVP und Grünen über einen fliegenden Wechsel zu Türkis-Rot.
Das wäre der größte Fehler, den die Sozialdemokratie machen kann. Wenn man sich anschaut, wie viele Regierungspartner Sebastian Kurz verbraucht hat, geht es ihm offenbar nur um sich. Für mich ist er ein Showmaster, der Florian Silbereisen der Politik. Wenn es kritisch wird, will er nie schuld sein, wie jetzt beim Impfen.
Sie gehörten stets zu jenen Roten, die Koalitionen mit der FPÖ erwogen. Gilt das - Stichwort Corona-Demos - noch?
Die FPÖ ist derzeit auf einem Trip, dass man mit ihr sicher nicht koalieren kann. Ich glaube aber, dass sich auch eine andere Koalitionsvariante entwickeln könnte.
Und zwar?
Rot-Grün-NEOS wäre eine charmante Variante.
Das sagen ausgerechnet Sie als Migrations-Hardliner?
Wenn man Migrationsfragen vernünftig diskutiert, kann man immer Lösungen finden.
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