Anschober-Rücktritt

Mock, Kreisky, Klestil: Kranke Politiker oft Tabu

Österreich
13.04.2021 13:00

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verkündete am Dienstag seinen Rückzug aus dem Amt. „Ich will mich nicht kaputtmachen“, erklärte der 60-Jährige den Schritt (siehe Video oben). Politikerrücktritte aus Gesundheitsgründen wie dieser sind in Österreich noch immer eine Seltenheit. Lange waren Erkrankungen tabuisiert und wurden geheim gehalten, etwa das Nierenleiden von Bruno Kreisky (SPÖ), die Parkinson-Erkrankung von Alois Mock (ÖVP) oder die Lungenembolie von Thomas Klestil. Erst in den letzten Jahren hat sich das geändert.

Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) ging 2011 nach einer Lungenembolie. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (beide SPÖ) machten ihre Krebserkrankungen öffentlich, gaben ihre Ämter aber nicht auf.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer verstarb 2014 im 61. Lebensjahr an den Folgen einer Krebserkrankung. (Bild: APA/ROBERT JAEGER)
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer verstarb 2014 im 61. Lebensjahr an den Folgen einer Krebserkrankung.
Begräbnisfeierlichkeiten für die verstorbene Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser im Jahr 2017. Sie gab 2015 bekannt, an Unterleibskrebs zu leiden. (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Begräbnisfeierlichkeiten für die verstorbene Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser im Jahr 2017. Sie gab 2015 bekannt, an Unterleibskrebs zu leiden.

Bundespräsident Thomas Klestil blieb ebenso, trotz einer Lungenembolie 1996. Nachdem er zwei Herzinfarkte erlitten hatte, starb er 2004 zwei Tage vor Ende seiner zweiten Amtszeit.

Papst Johannes Paul II. 1998 mit Bundespräsident Thomas Klestil in Wien. (Bild: APA/Techt Hans)
Papst Johannes Paul II. 1998 mit Bundespräsident Thomas Klestil in Wien.

In der Zweiten Republik gibt es viele weitere Beispiele von Politikern, die trotz schwerer Erkrankungen im Amt blieben. Dazu gehören etwa die Bundespräsidenten Theodor Körner, Adolf Schärf und Franz Jonas oder auch Bundeskanzler Julius Raab (ÖVP).

Bruno Kreisky, erster sozialdemokratischer Regierungschef Österreichs, verstarb im Jahr 1990 an Herzversagen. Zuvor hatte er mehrere Schlaganfälle, war Dialysepatient und überstand eine Nierentransplantation. (Bild: ROBERT JÄGER)
Bruno Kreisky, erster sozialdemokratischer Regierungschef Österreichs, verstarb im Jahr 1990 an Herzversagen. Zuvor hatte er mehrere Schlaganfälle, war Dialysepatient und überstand eine Nierentransplantation.
Julius Raab (l.), Adolf Schärf (m.) und Emil Liebitzky (r.) im Jahr 1955 in Wien. Raab trat seiner Krankheit zum Trotz aus Pflichtbewusstsein für die ÖVP zur Bundespräsidentenwahl 1963 an, bei der er Amtsinhaber Adolf Schärf unterlag. Schärf verstarb nach kurzem, sehr schwerem Leiden 1965 in Wien. (Bild: APA/INTERCONTINENTALE/AFP)
Julius Raab (l.), Adolf Schärf (m.) und Emil Liebitzky (r.) im Jahr 1955 in Wien. Raab trat seiner Krankheit zum Trotz aus Pflichtbewusstsein für die ÖVP zur Bundespräsidentenwahl 1963 an, bei der er Amtsinhaber Adolf Schärf unterlag. Schärf verstarb nach kurzem, sehr schwerem Leiden 1965 in Wien.
Theodor Körner im Jahr 1955 bei einem Besuch der ersten Soldaten der Zweiten Republik. Ein Jahr später erlitt er einen Schlaganfall mit rechtsseitiger Lähmung und verstarb 1957. (Bild: GI)
Theodor Körner im Jahr 1955 bei einem Besuch der ersten Soldaten der Zweiten Republik. Ein Jahr später erlitt er einen Schlaganfall mit rechtsseitiger Lähmung und verstarb 1957.

Alois Mock verstarb 2017 im Alter von 82 Jahren. Er litt an der Parkinson-Krankheit und wurde zuletzt von seiner Frau gepflegt, mit der er 51 Jahre verheiratet gewesen war.

Franz Vranitzky (l.), Alois Mock (m.) und Jörg Haider (r.) während der Wahl am 23. November 1986 in Wien. Mock verstarb 2017 im Alter von 82 Jahren. Er litt an der Parkinson-Krankheit, verheimlichte diese jedoch lange Zeit. (Bild: APA/ROBERT JAEGER)
Franz Vranitzky (l.), Alois Mock (m.) und Jörg Haider (r.) während der Wahl am 23. November 1986 in Wien. Mock verstarb 2017 im Alter von 82 Jahren. Er litt an der Parkinson-Krankheit, verheimlichte diese jedoch lange Zeit.

Rudolf Anschober hingegen war immer offen mit dem Druck umgegangen. Im Herbst 2012 begab er sich wegen Burnouts für mehrere Monate in Krankenstand und sprach auch offen darüber. Sein nunmehriger Rückzug habe nichts damit zu tun, sondern sei auf generelle Überarbeitung in seiner Position als Gesundheitsminister in der Corona-Krise zurückzuführen.

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