Nach etlichen offen ausgetragenen Diskussionen um die Linie der SPÖ zieht der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil formal einen Schlussstrich: Beim Parteitag der Roten Ende Juni will er seine Führungsfunktion in der Bundes-SPÖ zurücklegen. Das teilte er der Parteispitze per Brief mit - die „Krone“ kennt das Schreiben.
„Liebe Pamela, liebe Mitglieder des Präsidiums, (…)“ - Mit diesen Worten beginnt ein vierseitiger Brief, den die Chefin der SPÖ am Montag erhalten hat. Gen Wien geschickt wurde er aus dem Burgenland - und zwar vom dortigen Landeshauptmann höchstselbst, Hans Peter Doskozil. Und der Inhalt hat es in sich: Das rote Schwergewicht kündigt darin nämlich seinen Rückzug aus der Bundes-SPÖ an.
„SPÖ aus dem medialen Dauerfeuer nehmen“
Nach zahllosen öffentlich ausgetragenen Scharmützeln mit der Parteispitze, sei es nun wegen Richtungsstreitigkeiten in Migrationsfragen oder Corona-Politik, wolle er nun „die SPÖ aus dem medialen Dauerfeuer nehmen“ und daher beim Parteitag am 26. Juni seinen Job als Vizeparteichef an den Nagel hängen. Niemand habe in der Krise Verständnis für interne Debatten, daher wolle er einen „Neustart ermöglichen“. Künftig werde sich nur mehr um das Burgenland kümmern, schreibt Doskozil, da sei er in der Krise ohnehin „rund um die Uhr gefordert“. Und zum formalen Abschied gibt der im Burgenland mit absoluter Mehrheit regierende Doskozil, der beim Parteitag im Jahr 2018 nur von 82 Prozent der roten Delegierten zum Vizeparteichef gewählt worden war und auch jetzt mit keinem berauschenden Wahlergebnis hätte rechnen können, seinen Bundesgenossen noch manches mit auf den Weg.
„Nischenthemen“ statt „harter Linie bei Migration“
So beklagt er im Brief etwa einmal mehr, dass die SPÖ in puncto Migration nicht die von ihm und Kärntens rotem Landeshauptmann Peter Kaiser ausgearbeitete harte Linie vertrete, generell verliere sich die Sozialdemokratie in „Nischenthemen“ und grabe sich so selbst das Wasser ab. Auch die Corona-Politik der Bundes-SPÖ kritisiert Doskozil hart, das „Beharren auf restriktiven Maßnahmen“ führe aus seiner Sicht „zu keinem sinnvollen Ergebnis“. Doskozils Ansicht nach sei es wie schon bei der Migration nicht gelungen, „ein Gleichgewicht zwischen der Meinung der Bevölkerung und unseren eigenen politischen Vorstellungen zu finden“.
Vielleicht gelingt es durch meinen Rückzug, dass die SPÖ bei wichtigen Themen wie der Wirtschafts- und Migrationspolitik zu einer einheitlichen und vor allem konstanten Positionierung kommt.
Hans Peter Doskozil
Seinen Brief beendet Doskozil, der darüber auch kurz mit Rendi-Wagner telefoniert hat, so: „Vielleicht gelingt es durch meinen Rückzug, dass die SPÖ (…) bei wichtigen Themen wie der Wirtschafts- und Migrationspolitik zu einer einheitlichen und vor allem konstanten Positionierung kommt.“ Am Parteitag werde Doskozil zwar teilnehmen - aber nur noch als einfacher Delegierter aus dem Burgenland.
Bundespartei: „Anzahl der Stellvertreter ohnehin reduziert“
Die Bundespartei reagierte knapp: „Die Nicht-Kandidatur für die Parteigremien ist zur Kenntnis zu nehmen. Die Anzahl der Stellvertreter wird ohnehin von 17 auf 6 reduziert, auch der Vorstand wird verkleinert.“
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