"Wie lange muss man wohl arbeiten, um 1,2 Millionen Euro zu verdienen?", fragte Staatsanwältin Michaela Obenaus-Zimmel in ihrem Eingangsvortrag - und gab gleich selbst die Antwort: 30, 40 Jahre wohl, für Normalverdiener. "Es geht aber auch anders", verwies sie auf die Beschuldigten und die ihnen vorgeworfenen Überfälle. Begonnen wurde die beispiellose Serie im Herbst 2005 vom 27-Jährigen im Postamt der Pluscity in Pasching. Der 45-jährige Halbbruder, der teils in Deutschland lebte, benötigte nach einem Konkurs und seiner Scheidung dringend Geld. Bis 2009 seien dann zwölf weitere Überfälle und ein Versuch gefolgt.
Mehr als 40 Menschen mit Waffen bedroht
Über 40 Bankangestellte und Kunden seien in dieser Zeit mit Waffen bedroht und teilweise auch verletzt worden, so die Anklägerin. "Das Maß an Brutalität hat sich gesteigert." Zur Tarnung seien Kennzeichen für die Fluchtautos gestohlen worden; um Beute und Waffen zu verstecken, hätten die Beschuldigten, "die sich im Laufe der Jahre ganz beängstigend entwickelt haben", einen Safe in Wien angemietet.
Im Herbst 2009 sei nach einer "waffenmäßigen Aufrüstung" - der 27- Jährige, der während des Vortrags immer wieder den Kopf schüttelte, soll u.a. ein Maschinengewehr besorgt haben - die Wahl ganz kurzfristig auf die schon einmal überfallene Raiba-Filiale in Blindenmarkt gefallen. Der 25- und der 27-Jährige sollen mit einem gemieteten Opel mit gestohlenen Kennzeichen unterwegs gewesen sein. Der Wagen sei voller geladener Waffen gewesen, die laut Staatsanwältin für eine Geiselnahme einer ganzen Filiale gereicht hätten.
Im Dezember 2009 klickten für die Brüder nach einem Überfall auf eine Raika in Blindenmarkt, nach dem der 25-Jährige einen Schusswechsel mit dem Wachmann begonnen hatte, bei dem er selbst schwer verletzt wurde, die Handschellen. Im Wagen wurden nach der Festnahme auf einem Autobahnparkplatz zahlreiche geladene Waffen sichergestellt, die laut Staatsanwältin für die Geiselnahme einer ganzen Filiale gereicht hätten.
"Es ist mir klar, dass es so aussieht, als wären wir zu allem bereit gewesen", räumte der Jüngste bei seiner Einvernahme ein. Tatsächlich hätten er und sein Bruder, der sich bedingt auch durch seine militärische Ausbildung selbst als "Waffennarr" bezeichnete, die Gewehre und Pistolen aber lediglich von Wien nach Linz transportieren wollen. Geladen seien sie gewesen, weil man bis zuletzt darüber diskutierte, welche Waffe beim Raub zum Einsatz kommen sollte, erklärte der 27-Jährige. Auch die Schießübungen im Vorfeld habe es nur zur Sicherheit gegeben, um "unabsichtliche Schussabgaben" zu verhindern. Bei den Überfällen selbst habe man die Waffen nur im "äußersten Notfall" zum Einsatz bringen wollen - um mit Schreckschüssen eventuelle Verfolger zu stoppen.
Die von der Staatsanwaltschaft angenommene Tötungsabsicht in Bezug auf den Security-Mann der Bank sei "völlig absurd", meinte Verteidigerin Irmtraud Oraz. Die Brüder hätten wie alle Bankräuber einfach flüchten wollen: "Ihr Interesse war nur weg, weg, weg."
Durch den immer aufwendigeren Lebensstil - Besuche von Casinos und Nachtlokalen, Drogen, Thailand-Aufenthalte, etc. - benötigten die Brüder immer mehr Geld - und schlitterten so tiefer und tiefer in die Sache, die Planung wurde immer genauer. "Ich lebte in einer anderen Welt, meine Persönlichkeit hat sich komplett verändert. Ich hatte keinen Bezug mehr zur Realität", so der 27-Jährige.
Die Verhandlung wird am Dienstag, fortgesetzt. Ein Urteil wird für den 24. Jänner erwartet. Geladen sind 40 Zeugen - darunter auch jener Wachmann, der in den Schusswechsel in Blindenmarkt involviert war - und auch drei Gutachter. Die drei Brüder bekannten sich zu Prozessbeginn großteils schuldig zu den 14 Überfällen. Den versuchten Mord bestritten die beiden Jüngeren jedoch. Ihnen drohen dafür zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft.
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