Keine EMA-Zulassung

Warum es um „Sputnik V“ wieder leise geworden ist

Politik
13.05.2021 06:00

Die Gespräche zwischen Österreich und Russland zum Ankauf des russischen Coronavirus-Impfstoffs „Sputnik V“ sind fast abgeschlossen, hatte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Ende April wissen lassen. Seither ist es ruhig um die Impfstoff-Bestellung bei den Russen geworden. Dazu dürften auch Erkenntnisse unserer slowakischen Nachbarn beigetragen haben, wonach „Sputnik V“ nur eine Handelsmarke und gar kein einheitliches Vakzin ist. Eine Zulassung durch die europäische Arzneimittelagentur (EMA), worauf mittlerweile auch die Bundesregierung besteht, wird sich somit auch in Wien so schnell niemand mehr erwarten.

„Wir sind bei den Verhandlungen auf einem sehr, sehr guten Weg. Wir sind de facto fertig“, hatte Kurz am 30. April eine baldige Lieferung des russischen Vakzins in Aussicht gestellt. Der entscheidende Zusatz: „Sputnik V“ solle in Österreich aber erst zum Einsatz kommen, wenn er von der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen wird, so Kurz.

Der russische Botschafter Dmitrii Liubinskii (l.) und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Rahmen ihres Treffens zu Sputnik V (Bild: APA/Herbert Pfarrhofer)
Der russische Botschafter Dmitrii Liubinskii (l.) und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Rahmen ihres Treffens zu Sputnik V

„Keine Scheuklappen“ bei Beschaffung
ÖVP-Klubobmann Wöginger hatte die Initiative für den „Sputnik V“-Impfstoff Mitte April verteidigt. Bei der Beschaffung dürfe es „keine Scheuklappen“ geben. Österreich sollte kaufen, was möglich ist. Aber nicht nur seitens der ÖVP war „Sputnik V“ fürs Jaukerl von Herrn und Frau Österreicher ins Spiel gebracht worden. So wollte Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) den Impfstoff gar ohne Zulassung der EMA einsetzen, wie er Ende April sagte. Es gäbe genug Studien, die die Wirkungsweise von „Sputnik V“ beschreiben, so Hacker. „Es ist kein Wunderstoff, aber es kann in etwa das gleiche, was andere Impfstoffe können.“

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein wiederum stellte via Twitter Ende April klar, dass es in Österreich nur sicheren, von der EMA zugelassenen Impfstoff, geben werde. Vor diesen Kriterien müsse sich auch „Sputnik V“ beweisen. Das Vakzin wird derzeit nur im sogenannten Rolling-Review-Verfahren durch die EMA geprüft. Dabei werden alle frei zugänglichen Informationen evaluiert, um einen Zulassungsantrag schneller bearbeiten zu können, sobald er einmal gestellt ist. Wobei Moskau bislang keinen Antrag auf die Zulassung des Impfstoffs in Europa gestellt hat - und dies kritischen Stimmen zufolge auch nie tun werde.

Regierung machte Hoffnung auf „Impfstoff-Turbo“
Vor diesem Hintergrund machte die türkis-grüne Regierung der Bevölkerung dennoch Hoffnung auf einen „Impf-Turbo“ durch die in Russland bestellten Impfstoff-Dosen. Alles nur haltlose Ankündigungen des Kanzlers, wurden in der Opposition kritische Stimmen laut. Kurz selbst äußerte sich zuletzt am 4. Mai anlässlich des Amtsbesuchs seines slowakischen Amtskollegen Eduard Heger zu dem russischen Vakzin. Auf die Frage, ob auch Impfstoffe wie „Sputnik V“ akzeptiert werden sollten, die von der EU nicht anerkannt sind, sagte Kurz, dass man die „Sache nicht sofort verkomplizieren“ solle.

(Bild: Federico PARRA / AFP (Symbolbild))

Doch wie steht es nun um die Lieferung der verkündeten Million Dosen „Sputnik V“? Dazu ist es hierzulande in den letzten Wochen auffällig still geworden, nachdem brisante Details aus dem zunächst geheim gehaltenen russisch-slowakischen Liefervertrag bei unseren Nachbarn öffentlich geworden waren. „Sputnik V“ sei laut Vertragstext eine Handelsmarke, die keine identische Zusammensetzung aller gelieferten Chargen garantiere. Die damit aufgedeckten unterschiedlichen Zusammensetzungen der gelieferten Chargen von „Sputnik V“ machen eine Zulassung durch die EMA jedenfalls immer unwahrscheinlicher - und somit auch eine Verimpfung von etwaigen gelieferten Dosen des Vakzins in Österreich. Alle anderen in der EU zugelassenen Vakzine müssen strenge qualitative Kriterien erfüllen, dies muss auch für Sputnik gelten.

Selbst in Ungarn, das als einziges EU-Land „Sputnik V“ einsetzt und in den höchsten Tönen lobt, sei die Impfbereitschaft der Bevölkerung enden wollend, wie zuletzt in einem Bericht der „Presse“ angemerkt wurde. Einer Umfrage zufolge wollen sich lediglich 43 Prozent der befragten Ungarn mit Sputnik impfen lassen, und 84 Prozent mit einem US- oder EU-Vakzin.

SPÖ hofft auf deutlich berufenere und fähigere Behörde
Scharfe Kritik an Kanzler Kurz und der Sputnik-Bestellung kam zuletzt von der SPÖ. Gesundheitssprecher Philip Kucher reagierte angesichts der Erkenntnis, wonach es sich nur um eine Handelsmarke und gar kein einheitliches Vakzin handle, fassungslos. Kucher pochte darauf, „,Sputnik V‘ in Österreich nur dann zur Anwendung gelangen zu lassen, wenn die ,deutlich berufenere und fähigere Behörde‘ EMA eine solche Zulassung erteilen sollte“.

Auf Nachfrage von krone.at wurde aus Kanzleramt und Gesundheitsministerium unisono betont, dass man einen etwaigen Einsatz in Österreich jedenfalls von dem EMA-Entscheid abhängig machen wolle.

Die EMA dürfte den russischen Impfstoff Sputnik V wohl in nächster Zeit nicht zulassen. (Bild: AFP)
Die EMA dürfte den russischen Impfstoff Sputnik V wohl in nächster Zeit nicht zulassen.

Slowakei impft ab Juni ohne EU-Zulassung mit Sputnik
In der Slowakei soll Sputnik indessen doch im Juni auf den Impfplan kommen, wie Gesundheitsminister Vladimir Lengvarsky am Mittwoch mitteilte. Zuvor hatte er ein baldige Zulassung nach laufenden weiteren Tests in Ungarn und Russland in Aussicht gestellt - und vertraut somit dem positiven Urteil einer anderen „standardisierten“ Kontrollinstanz als der EMA. Somit könnte auch in Österreich die Debatte um „Sputnik V“ wieder lauter werden ...

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