Am Dienstag geht der U-Ausschuss zur mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung, kurz Ibiza-Ausschuss, in die nächste Runde. Im Vorfeld sorgen Veröffentlichungen von heftig umstrittenen Handynachrichten für enorme Aufregung. Das Match lautet: ÖVP gegen die NEOS.
Bei Pink sieht Türkis Rot. Der Untersuchungsausschuss hat sich im Laufe der Monate immer stärker in Richtung Kanzlerpartei verlagert, was auch dem nachhaltigen Agieren der NEOS aber auch der SPÖ geschuldet ist. Zudem gibt es Ermittlungen gegen mehrere wichtige ÖVP-nahe Personen. Darunter Bundeskanzler Sebastian Kurz höchstpersönlich und sein Kabinettschef Bernhard Bonelli.
Nach einer Anzeige der NEOS-Abgeordneten und -Fraktionsführerin Stephanie Krisper gegen Kurz und Bonelli wegen Falschaussage vor dem Ausschuss nahm die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), ebenfalls ein Stachel im türkisen Fleisch, Ermittlungen auf.
Hinzu kommen hochnotpeinliche Chats, unter anderem des ehemaligen Justizministers und Verfassungsjuristen Wolfgang Brandstetter mit dem ebenso ÖVP-nahen Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek. Geleakt von den NEOS, wie diese zugaben. Dies wiederum bringt die ÖVP auf die Palme. Fraktionsführer Andreas Hanger meldet sich mit gewohnt unmissverständlichen Botschaften bei der „Krone“.
Forderung an die Justizministerin
„Durch diese unfassbaren Leaks sind zuletzt private Chats an die Öffentlichkeit gespielt worden. Die Justizministerin muss private Chats schützen.“ Die NEOS wiederum argumentierten, dass die Nachrichten im öffentlichen Interesse seien und man der Republik damit einen Dienst erweisen wolle. Hanger fordert Konsequenzen für aus seiner Sicht „ungesetzliches Handeln skrupelloser Menschen“.
Es brauche neue Regelungen und Rahmenbedingungen, appelliert er an Justizministerin Alma Zadic. Der ÖVP-Mann betont, dass er die Inhalte der jüngst aufgetauchten Chats (unter anderem rassistischen und sexistischen Inhalts; ebenso wurden WKStA und VfGH geringschätzig bis aggressiv attackiert) scharf kritisiert und es nichts zu beschönigen gebe, doch dürfe das Leaken solcher Chats nicht ohne Sanktionen bleiben.
Aktuell ist dies strafrechtlich nicht relevant, die schlimmste Konsequenz ist ein Ordnungsruf des Nationalratspräsidenten. „Der private Bereich und insbesondere das Briefgeheimnis sind für alle Menschen in diesem Land ein hohes und schützenswertes Gut - was von privat zu privat gesprochen oder geschrieben wird, muss auch privat bleiben!“ Den NEOS sei nichts mehr heilig, schon gar nicht mehr unser Rechtsstaat, sagt Hanger.
NEOS und SPÖ indes halten genau diesen Vorwurf der Kanzlerpartei entgegen. Nicht nur die offenbarten Chats, sondern auch diverse Aussagen von Türkisen würden Attacken auf Teile der Justiz und den Rechtsstaat belegen. Und nicht ohne Grund ermittle die Justiz.
Brandstetter zieht Rücktritt vor
Der durch die Chats ausgelöste Rückzug Brandstetters vom Höchstgericht wird indes schneller vonstattengehen als zunächst geplant: Nach einem Gespräch im Richter-Kollegium habe er „seinen Rückzug mit sofortiger Wirkung erklärt“, hieß es vom VfGH am Montagabend. Ursprünglich hatte Brandstetter den 1. Juli als Rücktrittstermin ins Auge gefasst.
Eine „Spendensammlerin“ und die WKStA-Chefin am Wort
Der Ausschuss geht diese Woche übrigens weiter. Am Wort ist am Dienstag Gabriela Spiegelfeld, die Unternehmerin hatte Veranstaltungen für Sebastian Kurz im Wahlkampf organisiert. Sie gastiert zum zweiten Mal. Schon im März dementierte sie ihre angebliche Rolle als „Spendensammlerin“. Sie habe seit 2016 überparteiliche „Diskussionsrunden“ veranstaltet. „Ich bin ja nicht mit einem Klingelbeutel herumgelaufen, oder mit einer türkisen Schuhschachtel.“
Danach folgt Ex-Erste-Group-Chef Andreas Treichl. Bei seiner Befragung wird es vor allem um die Neuorganisation der Finanzmarktaufsicht und um ein „Strategiepapier“ zur Bankenaufsicht gehen, das Treichl als Bankenchef ans Finanzministerium geschickt hat. Am Mittwoch ist unter anderem die Leiterin der WKStA, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, Auskunftsperson. Hier wird es wieder um politischen Druck auf Teile der Justiz gehen. Für alle Beschuldigten im Ibiza-Casinos-Komplex gilt die Unschuldsvermutung.
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