Der einstige ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid hat seinen Hut genommen - nicht zuletzt nach zahlreichen Rücktrittsforderungen und scharfer Kritik nach der Veröffentlichung fragwürdiger Chat-Protokolle. Bei der Opposition sorgt sein sofortiger Abgang für Genugtuung - dies sei längst überfällig gewesen, meinen seine Kritiker. Auch der grüne Vizekanzler bezeichnete den Schritt als „sinnvoll und notwendig“. SPÖ und FPÖ befürchten außerdem, dass sich Schmid seinen Abgang durch finanzielle Zuwendungen versüßen habe lassen - die Summe soll sich nach Informationen der „Krone“ zwischen 200.000 und 250.000 Euro bewegen. Die NEOS fordern jedenfalls eine Neuaufstellung der Staatsholding.
Sogar der Aufsichtsrat selbst habe es als „notwendigen Schritt“ begründet, dem habe „ich nicht viel dazuzufügen“, erklärte Kogler am Dienstagvormittag. Er habe ohnehin vermutet, dass der Aufsichtsrat vor dem Ausscheiden des ÖBAG-Chefs Schmid im März 2022 „Schritte setzen wird, weil es vernünftig, richtig und sinnvoll ist“.
Leichtfried: „Zeitpunkt des Rücktritts bewusst gewählt“
„Das System Kurz bröckelt weiter“, kommentierte der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried diesen „längst überfälligen, notwendigen Schritt“. Es seien nun aber noch Fragen offen, „zum Beispiel, wie die finanziellen Bedingungen von Schmids ÖBAG-Abgang aussehen.“ Leichtfried mutmaßt - wie sein Parteikollege Jan Krainer -, dass der Zeitpunkt des Rücktritts bewusst gewählt sei. „Zufällig dann, wenn Medienberichte über mögliche weitere Verwicklungen des Kanzlers auftauchen.“
NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn betonte, dass Schmid „einzig und allein aufgrund seiner türkisen Familie in diese Position“ gekommen sei. Dass dieser ohne Industrie- oder internationale Erfahrung dieses Amt bekleidet hätte, „liegt in der Verantwortung der Kurz-Blümel-ÖVP“. Nun müsse eine organisatorische Neuaufstellung der ÖBAG folgen, so der pinke Politiker: „Die ÖBAG muss in Zukunft von einer Doppel-Vorstandsspitze geführt werden und die Suche nach den neuen Vorständen muss professionell und transparent ablaufen.“
„Golden Handshake“ für Schmid
Die FPÖ ortete, dass dieser „weitere prominente Abgang der Kurz-ÖVP“ „mit Sicherheit nicht der letzte sein“ werde, wie der freiheitliche Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss, Christian Hafenecker, erklärte. Jetzt sei es „noch notwendig“, dass neben Wolfgang Brandstetter und Schmid „auch Gernot Blümel und schließlich Sebastian Kurz ihren Posten räumen“, erklärte er. Hafenecker befürchtete, dass dieser sich seinen Abgang möglicherweise „mittels ,Golden Handshake‘ versüßen ließ“. Der Rücktritt zeige jedoch, dass der U-Ausschuss wirke und sei „ein guter Erfolg der Opposition“.
Insidern zufolge dürfte Schmid 200.000 bis 250.000 Euro kassieren, die Hälfte als „Golden Handshake“. Gehaltsfortzahlungen oder Boni dürfte es keine mehr geben, heißt es.
Christliche Gewerkschaft: „Logische Folge“
Auch für die Fraktion christlicher Gewerkschafter Wien kam das „politische Erdbeben“ und der Rückzug Schmids „völlig zu Recht“: „Dass er jetzt mit sofortiger Wirkung ausscheidet, ist nur noch eine logische Folge gewesen“, so der Vorsitzende Fritz Pöltl, der besonders die Aussagen über den Betriebsrat scharf kritisiert. „Dass ausgerechnet drei FSG-Betriebsratsvorsitzende die Wahl Schmids zum Vorsitzenden erst ermöglicht haben, ist jedoch eine wirklich traurige Erkenntnis.“
Blümel bedankt sich für „ausgezeichnete inhaltliche Arbeit“
Einzig Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wird Schmid offenbar im Vorstand der ÖBAG vermissen: „Ich darf mich bedanken beim Aufsichtsrat und bei der ausgezeichneten inhaltlichen Arbeit von Thomas Schmid“, erklärte Blümel bei einer Pressekonferenz. Er nehme die Entscheidung des Aufsichtsrats zur Kenntnis. Dieser habe derzeit auch „keine leichte Zeit“. Blümel ist als Finanzminister Eigentümervertreter der Republik für die Staatsholding - er und Schmid gelten als enge Vertraute, wie auch aus den Chat-Protokollen hervorgeht. So schrieb Blümel ihm im Zuge seiner Vorstandsbestellung: „Du bist Familie.“
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