Über die von der SPÖ angestoßene Frage des erleichterten Zugangs zur österreichischen Staatsbürgerschaft haben sich Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) am Montagabend in der „ZiB 2“ einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Die türkise Ministerin verteidigte die von der ÖVP zuvor ins Spiel gebrachte Zahl von 500.000 neuen Einbürgerungen, die der SPÖ-Vorschlag mit sich bringen könnte. Kaiser bezeichnete diese Zahl hingegen als „Propaganda-Instrumentarium“. Er gehe von maximal 100.000 Menschen aus.
Bereits vor der „ZiB 2“-Sendung wurde darüber debattiert, wie viele Personen vom SPÖ-Modell hinsichtlich Einbürgerungserleichterungen überhaupt betroffen sein könnten. Laut Experten ist die Sorge der ÖVP, dass der SPÖ-Vorschlag zu mehr als 500.000 zusätzlichen Einbürgerungen führen könnte, „nicht nachvollziehbar“. Die infrage kommende Gruppe sei mit rund 90.000 Personen deutlich kleiner, erklärte Gerd Valchars von der Universität Wien am Montag im Ö1-„Mittagsjournal“.
Edtstadler: „Zahlen von der Statistik Austria erhoben“
Edtstadler, während der Karenzpause von Susanne Raab (ÖVP) auch für Integrationsfragen zuständig, verteidigte hingegen die von der ÖVP genannte Zahl von 500.000: Das sei die Zahl der Menschen, die „zu uns gekommen sind“, minus derer, die weggezogen sind - und zwar erhoben von der Statistik Austria und überprüft vom Innenministerium.
Kaiser: „Es wären nicht immens viel mehr Menschen“
Laut Kaiser würden hingegen viele Wissenschaftler von unter 100.000 ausgehen, die die Staatsbürgerschaft haben wollen und auch die Kriterien erfüllen. Er glaube, „dass es nicht immens viel mehr Menschen wären, die ansuchen würden. Es würde nur für jene, die ansuchen, etwas früher gehen“, auch für Kinder, „die hier geboren sind und deren Eltern über fünf Jahre bereits hier wohnen“. 35 Prozent aller Staatsbürgerschaftsanträge in Kärnten kämen von Menschen, die schon hier geboren sind, hatte er schon im „Mittagsjournal“ festgehalten.
SPÖ-Idee: Staatsbürgerschaft für alle in Österreich geborenen Kinder
Laut dem SPÖ-Vorschlag soll es einen Rechtsanspruch auf die Staatsbürgerschaft nach sechs Jahren rechtmäßigem Aufenthalt geben - sofern alle weiteren Kriterien erfüllt sind. Wenn ein positiver Asylbescheid erfolgt, ist der Zeitraum anzurechnen. Bei negativer Entscheidung des Asylverfahrens hingegen soll es keine Möglichkeit zur Beantragung einer Staatsbürgerschaft geben, auch wenn sechs Jahre vergangen sind. In Österreich geborene Kinder sollen automatisch die Staatsbürgerschaft bekommen, sofern zumindest ein Elternteil fünf Jahre legal im Bundesgebiet aufhältig ist.
„Menschen mit Migrationshintergrund wählen eher die SPÖ“
Im Schlagabtausch zwischen Edtstadler und Kaiser stand auch der Vorwurf im Raum, dass die SPÖ mit diesem Vorschlag eine neue Wählerschicht für sich gewinnen wolle. „Wählerstromanalysen haben gezeigt, dass Menschen mit Migrationshintergrund eher die SPÖ wählen“, behauptete Edtstadler. Kaiser ging darauf nicht ein und betonte seinerseits: „Man sollte jungen Menschen, die in dem Land geboren sind, nicht das Gefühl geben, Menschen zweiter Klasse zu sein.“
Kaiser: „Staatsbürgerschaft schon nach sechs Jahren“
Der Kärntner Landeshauptmann plädierte für einen Zugang zur Staatsbürgerschaft schon nach sechs Jahren, „wenn alle anderen Bedingungen erfüllt sind“. Edtstadler winkte ab: „Für uns steht die Staatsbürgerschaft am Ende einer erfolgreichen Integration, aber nicht am Beginn und nicht durch Geburt. Wir wollen Integration durch Leistung, deswegen sind wir voll gegen diesen Vorschlag.“
„Bleiberecht durch die Hintertür“
Für die ÖVP-Ministerin sei das SPÖ-Modell zudem nicht zu Ende gedacht. „Wenn ein Kind hier auf die Welt kommt und automatisch die Staatsbürgerschaft erhält, aber gleichzeitig die Eltern nur fünf Jahre da sind und dann einen negativen Asylbescheid bekommen - was dann? Das wäre dann ein Bleiberecht durch die Hintertür - und das geht nicht.“
Auch Kogler für Erleichterungen
Während ÖVP und FPÖ Nein zum SPÖ-Vorschlag sagen, begrüßen die Grünen diesen. Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler sprach sich am Samstag im „Standard“ klar für derartige Lockerungen aus und denkt auch an künftige Verhandlungen mit der ÖVP bei diesem Thema.
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