Mit dem verheerenden Rechnungshofbericht und den Folgen der Misswirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten muss sich nun Peter Böhler herumschlagen. Seit Herbst 2020 ist er Bürgermeister der Gemeinde Fußach.
Herr Böhler, was reizt jemanden, der wie Sie seit Jahren erfolgreich in der Privatwirtschaft unterwegs war, am Bürgermeisteramt?
Ich fühle mich in Fußach stark verwurzelt und hatte immer das Gefühl, dass es möglich ist, aus unserem Dorf etwas ganz Besonderes zu machen. Einen noch lebenswerteren Ort für die Menschen, die hier wohnen, leben und arbeiten. Dafür möchte ich meine Lebenserfahrung und meine Fähigkeiten einsetzen.
Wie schwer war es, die blaue Festung Fußach nach 27 Jahren einzunehmen?
Am meisten Überzeugungsarbeit brauchte ich bei meiner Frau und meiner Familie. Das Amt des Bürgermeisters erfordert einen großen Arbeitseinsatz. Die Zeit mit meiner Familie ist rarer und noch wertvoller für mich geworden.
Welche Visionen haben Sie für Fußach?
Ich wünsche mir ein lebendiges Dorf mit vielfältigen Möglichkeiten für die Bürger: eine nette Gastronomie, ein intaktes Vereinsleben und einen ansehnlichen Dorfkern. Einen Ort der Begegnung und Integration, wo Menschen und Meinungen zusammenfinden.
Im Moment sind Sie noch mit dem Aufarbeiten von Altlasten beschäftigt. Was haben Sie vorgefunden?
Das absolute Chaos. Es gab keine Amtsübergabe, die Stimmung unter den Mitarbeitern war grauenhaft, Dienststellen waren einfach nicht besetzt. Es war nicht mal möglich Heizkostenzuschüsse auszuzahlen, weil niemand aus der Buchhaltung da war.
Wie ernüchternd waren die Ergebnisse des Rechnungshofberichtes?
Die Prüfer hatten ihre Prüfungstätigkeit bereits bei meinem Amtsantritt begonnen. Ich war erschüttert über die Enthüllungen. Zu diesem Zeitpunkt war ich allerdings noch zur Verschwiegenheit verpflichtet. Als der Rechnungshofbericht publiziert wurde, stand für mich nichts Überraschendes mehr in den Seiten.
Während im einen Bereich hochriskante Geschäfte getätigt wurden, wurden auf der anderen Seite sinnvolle Veranlagungen mit bescheidenem Risiko vom Exbürgermeister vereitelt.
Bürgermeister Peter Böhler
Der Rechnungshof hat den Schaden, der der Gemeinde durch den Finanzleiter und den ehemaligen Bürgermeister entstanden ist, mit rund zwei Millionen Schaden beziffert. Wie setzt sich dieser zusammen?
Wie dem Rechnungshofbericht zu entnehmen ist, ist der Schaden durch politisch nicht genehmigte und landesgesetzlich verbotene Spekulationen im Prüfzeitraum entstanden. Es wurden Aktien und Anleihen gekauft, Wertpapiere mit zum Teil sehr erheblichem Verlustpotenzial. Leider wurden auch tatsächlich gravierende Verluste realisiert. Im Rechnungshofbericht werden dabei Summen im Bereich von 1,6 Millionen Euro Verlust angeführt.
Gibt es noch weitere Anzeichen von Misswirtschaft?
Ja, leider. Während im einen Bereich hochriskante Geschäfte getätigt wurden, wurden auf der anderen Seite sinnvolle Veranlagungen mit bescheidenem Risiko vom Exbürgermeister vereitelt.
Können Sie ein Beispiel dafür nennen?
Eines stammt aus dem Jahr 2016. Damals hatte die Gemeinde den „Anker“, das letzte Dorfgasthaus, für 650.000 Euro angeboten bekommen. Der Bürgermeister wollte das nicht, obwohl der „Anker“ sehr wichtig für das Dorfleben und schon aufgrund seiner Lage ein Selbstläufer gewesen wäre. 2018 wurde es dann verkauft. Nachdem der dringende Wunsch der Bevölkerung nach einem Gasthaus besteht, habe ich mit dem jetzigen Besitzer Kontakt aufgenommen, der das nicht sanierte Gebäude nun für über zwei Millionen verkaufen würde.
Entspricht der Preis dem Marktwert?
Ja, die Summe ist durchaus realistisch.
Gegen die Beteiligten läuft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Planen Sie die Verantwortlichen zivilrechtlich zu klagen?
Die Gemeinde ist in ständigen Gesprächen mit dem Anwalt, der das Ganze juristisch begleitet. Wir prüfen die rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten und berichten an die politischen Gremien. Wir halten uns grundsätzlich alle Optionen offen.
Die Hausbank der Gemeinde hat offenbar auch nicht sehr genau hingesehen. Was planen Sie?
Die Hausbank war in der Vergangenheit ein verlässlicher Partner und eine wertvolle Infrastruktureinrichtung. Wir treten in einen partnerschaftlichen Dialog und prüfen gemeinsam die rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen.
Würden Sie die getätigten Bankgeschäfte gerne rückgängig machen - etwa, weil die Bank offenbar nicht geprüft hat, ob die Geschäfte überhaupt zulässig waren?
Wie gesagt: Wir sind in Gesprächen.
Im Februar dieses Jahres wurde im Rahmen der Gemeindevertretungssitzung der ehemalige Bürgermeister und Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft entlastet. Warum?
Aus steuerlichen Gründen wurde uns geraten, die GmbH mit Jahresende aufzulösen. Damit ich die Geschäftsführung übernehmen und die GmbH auflösen kann, bedarf es der Entlastung des ehemaligen Geschäftsführers. Dies haben wir umgesetzt.
Wie stellen Sie sicher, dass in Fußach künftig alles geregelt und vor allem gesetzeskonform abläuft?
Wir setzen in allen Bereichen auf Transparenz und Kompetenz. Von den fünf Mitgliedern des Prüfungsausschusses haben bereits drei eine Fortbildung in Schloss Hofen besucht. Zusätzlich stellen wir den Mitgliedern Experten zur Seite, die sie fachlich begleiten. Der größte Wandel findet im Gemeindeamt statt. Gemeinsam mit dem Amtsleiter Markus Baldauf und anderen Mitarbeitern implementiere ich die notwendigen Prozesse und Strukturen. Besonders Augenmerk legen wir aktuell auf die Installation des „Vier-Augen-Prinzips“, eines internen Kontrollsystems und einer besseren Verwaltungseffizienz durch Verwaltungsgemeinschaften.
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