Wolfgang Sobotka ist ein umstrittener Mann. Nationalratspräsident und Vorsitzender des Ibiza-Untersuchungsausschusses, der sich mit der mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung beschäftigt. Sobotka sieht sich Vorwürfen der Befangenheit ausgesetzt, seit der Ausschuss im Juni 2020 seine Arbeit aufnahm. Es wird ihm Nähe zum Glücksspielkonzern Novomatic attestiert (u.a. wegen Zahlungen an das Alois-Mock-Institut, dem er vorsteht), vor allem von SPÖ und den NEOS. Sobotka dementierte dies stets. Es gab auch vier Anzeigen gegen ihn. Alles wurde fallengelassen. Mit der „Krone“ sprach er vor seinem zweiten Auftritt als Auskunftsperson am Donnerstag im Ausschuss über seine Eindrücke und Einschätzungen.
„Ein Grande Finale steht an und ich denke, dass manche noch einmal geladen wurden, um den medialen Fokus sicherzustellen“, sagt Sobotka süffisant. Ob beispielsweise seine Ladung inhaltlich gerechtfertigt ist, darüber könne und solle sich jeder selbst ein Bild machen. „Ich bin aber nicht beleidigt und komme natürlich gerne. Was mich aber beschäftigt sind die Anzeigen gegen mich - das macht schon etwas mit einem. Vor allem deshalb, weil ich diese Art ablehne. Politik macht man mit Argumenten, nicht mit anonymen Anzeigen.“
Seine Ladung sei ein Tabubruch, weil Abgeordnete in der Regel nicht geladen werden, „und ich im Untersuchungszeitraum dem Parlament angehört habe und kein Minister war.“ Man habe versucht, etwas zu konstruieren und ihm als Vorsitzenden zu schaden. „Das hat mich sehr irritiert.“
Die „Drei D“
Es braucht eine Reform, sagt Wolfgang Sobotka der auf die „Drei D“ für die kommenden Ausschüsse hofft. Deeskalieren, Datenschutz, Diskussion. „Vor allem der Datenschutz liegt mir besonders am Herzen. Jeder hat laut Menschenrechtskonvention Anspruch auf Wahrung seiner Privatsphäre. Das wird aktuell oftmals mit Füßen getreten.“
Eine Verlängerung des Ausschusses wurde von Türkis und Grün verhindert. Mitte Juli sind die Befragungen zu Ende. „Dann werde ich alle Parteien einladen, um über eine Reform zu diskutieren. Der Ausschuss ist schließlich ein wesentliches Element der parlamentarischen Kontrolle.“
Dann werde ich alle Parteien einladen, um über eine Reform zu diskutieren. Der Ausschuss ist schließlich ein wesentliches Element der parlamentarischen Kontrolle.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)
Das heiße Thema Chats
Vor allem das Thema Chats müsse man diskutieren. Welche Daten gehören geschwärzt und welche sind relevant für die Öffentlichkeit. „Da kommen Menschen in einem Chatprotokoll vor, die mit Ibiza gar nichts zu tun haben. Das kann nicht sein. Viele, die sonst den Datenschutz hochhalten, treten ihn jetzt mit Füßen.“
Man müsse die politischen Verantwortlichkeiten wieder klären. „Der Ausschuss ist ja kein Gericht, auch wenn manche im U-Ausschuss das so leben möchten.“ Auch das Prozedere und die Abläufe beim Ausschuss muss überdacht werden, sagt der ÖVP-Politiker. „Der Verfahrensrichter und ich müssen oft innerhalb einer halben Minute entscheiden, was jetzt relevant ist, ohne dass wir vorher die Unterlagen der Abgeordneten gesehen haben, die diese umfassend analysieren konnten. Da muss sich etwas ändern.“Zudem seien manche Fragen weit weg vom Untersuchungsgegenstand, unterstellend und ungenau gewesen.
Kritik an den Medien
Was den Nationalratspräsidenten auch ärgert, ist, dass er aus der Zeitung erfahren musste, dass alle Vorwürfe gegen ihn sich aufgelöst haben. In den Medien habe man kaum etwas darüber gelesen, umso mehr jedoch über die Vorwürfe davor. „Die öffentliche Vorverurteilung hat also stattgefunden, die mediale Rehabilitation, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde, hat sich indes in Grenzen gehalten.“
Die öffentliche Vorverurteilung hat also stattgefunden, die mediale Rehabilitation, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde, hat sich indes in Grenzen gehalten.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)
Erfahren hat man am Mittwoch indes, dass ein Anfangsverdacht gegen Wolfgang Sobotka wegen Falschaussage in Zusammenhang mit Wirecard bei seinem ersten Auftritt beim Ausschuss von der Staatsanwaltschaft geprüft wird. Eine weitere Facette in dem so komplexen Ibiza-Casinos-Komplex. Das dürfte trotz des Endes im Juli kein Ende gefunden haben. Die Opposition hat schon angekündigt, eine Neuauflage anzustreben. Zuletzt Herbert Kickl von der FPÖ. Er will den Untersuchungsgegenstand um Wirecard und mögliche Verwicklungen von Österreichs Politik erweitern.
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