Was man sich noch vor gut einem Jahr kaum vorstellen konnte, geht am Samstag in Szene: ein SPÖ-Bundesparteitag ohne große Vorsitzenden-Debatte und mit wenig Missstimmung im Vorfeld. Die Umfragewerte der Sozialdemokraten haben sich stabilisiert - wenngleich die Partei laut neuestem Österreich-Trend weiterhin klar hinter der ÖVP liegt. Als offener innerparteilicher Kritiker ist Landeshauptmann Hans Peter Doskozil fürs Erste isoliert, der Rest des roten Führungszirkels wird auch in den Gremien an die Seite der Parteichefin gestellt. In der eigenen Wählerschaft genießt Rendi-Wagner starken Rückhalt - darüber hinaus wirkt sie aber kaum.
Die innerparteiliche Beruhigung geschafft hat Rendi-Wagner durch einen Kunstkniff: Die von ihr im Vorjahr gegen die Parteigranden erzwungene Vertrauensfrage an die Basis hat die stark ins Wackeln geratene Vorsitzende stabilisiert. Zwar trauen ihr in der Partei noch immer etliche nicht wirklich den Sprung ins Kanzleramt zu, doch die sich langsam, aber stetig erholenden Umfragewerte haben den Gegnern Munition genommen.
SPÖ in Sonntagsfrage elf Prozentpunkte hinter ÖVP
In der Sonntagsfrage des Österreich-Trends für APA und ATV liegt die SPÖ nun bei 23 Prozent und damit weit hinter der ÖVP zurück, für die 34 Prozent ausgewertet wurden. Die FPÖ bleibt auch nach dem Obmannwechsel zu Herbert Kickl bei 18 Prozent. NEOS und Grüne tauschen mit zwölf bzw. elf Prozent innerhalb der Schwankungsbreite die Plätze. Befragt wurden 800 Personen über 16 Jahre, die Schwankungsbreite beträgt plus/minus 3,5 Prozentpunkte.
Angesichts des bevorstehenden Parteitags richtet Meinungsforscher Peter Hajek in seiner Untersuchung diesmal einen genaueren Blick auf die SPÖ, und der zeigt, dass Rendi-Wagner, die sich der Wiederwahl stellt, aktuell wenig über die eigenen Parteigrenzen hinaus wirkt. Denn auf die Gesamtbevölkerung bezogen sehen mehr - konkret 26 Prozent - Doskozil als den besseren Spitzenkandidaten. Die SPÖ-Chefin käme nur auf 20 Prozent.
Immerhin bei der Wählerschaft der eigenen Partei hat Rendi-Wagner mit 45 Prozent die Nase vorne. Hier kommt Doskozil mit seinem Rechtskurs denkbar schlecht an. Nur neun Prozent hätten ihn gerne als Spitzenkandidaten, womit er auch deutlich hinter Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (26 Prozent) und selbst hinter Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (10 Prozent) läge, der an sich in allen Wählergruppen schwache Werte aufweist.
42 Prozent sehen weiterhin Kurz als beste Kanzler-Wahl
Bei der (hypothetischen) Kanzler-Direktwahl ist Rendi-Wagner erste Verfolgerin von Sebastian Kurz. Nur 20 Prozent wünschen sich die SPÖ- als Regierungschefin. Kurz büßt zwar leicht ein, ist mit 42 Prozent aber klar an der Spitze. Kickl bevorzugen nur 14 Prozent und damit weniger als seinen Vorgänger Norbert Hofer im April (17 Prozent). Auffällig ist für Hajek der Aufwärtstrend von NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger mit 13 Prozent, womit sie sogar über dem Wert ihrer Partei liegt. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) stagniert bei elf Prozent.
Beim Parteitag selbst - der unter 3-G-Regime mit Maske stattfindet und Pandemie-bedingt auf einen Tag zusammengeschrumpft wurde - soll die Parteivorsitzende im Mittelpunkt stehen. Als Redner ist außer ihr nur Gastgeber Ludwig vorgesehen. Wer sonst seine Gedanken vor den 642 geladenen Delegierten kundtun will, muss das in der Antragsdebatte tun, die nach der Wahl in Szene geht.
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