Tragödie in Tschechien

Opfer starben, als Tornado Bus von Straße wehte

Ausland
25.06.2021 13:56

Dem Erdboden fast gleichgemachte Dörfer, verzweifelte Menschen und mindestens fünf Tote sowie rund 200 Verletzte, etwa 60 von ihnen in Spitälern - das ist die vorläufige Bilanz des verheerenden Unwetters samt Tornado und massivem Hagel in Südmähren in Tschechien. Mehrere der Opfer dürften ums Leben gekommen sein, als der Wirbelsturm am Donnerstagabend einen Bus samt Insassen rund 70 Meter weit in ein Feld schleuderte. Zwei Schwerverletzte wurden von ÖAMTC-Hubschraubern in Krankenhäuser in Wien geflogen - der etwa 50 Jahre alt Buschauffeur und eine 15-Jährige.

Die Christophorus-Teams aus Österreich halfen laut Ralph Schüller, Sprecher der ÖAMTC-Flugrettung, bei der Bergung, nachdem der Tornado den Bus bei Mikulcice (Nikoltschitz) - einem Dorf mit rund 2000 Einwohnern in der Region Jihomoravsky kraj - von der Straße gefegt hatte. Zwei der schwer verletzten Opfer wurden gegen Mitternacht zur medizinischen Versorgung nach Wien geflogen und ins AKH bzw. die Klinik Donaustadt gebracht.

Bilder aus Mikulcice:

15-jähriges Mädchen im künstlichen Tiefschlaf
„Einer der Schwerverletzten ist nach einer Notoperation mittlerweile stabil, um das Leben einer zweiten Patientin wird zur Stunde noch gerungenen“, sagte Michael Binder, Medizinischer Direktor des Gesundheitsverbundes, Freitagvormittag. Das Mädchen musste in künstlichen Tiefschlaf versetzt werden. Sie sei stabil, es könne aber noch keine Entwarnung gegeben werden. Dem in der Nacht operierten Mann gehe es nach dem Eingriff den Umständen entsprechend gut, er könnte bereits Anfang nächster Woche wieder entlassen werden, zeigten sich die Ärzte hoffnungsvoll.

„Die Stadt Wien steht den tschechischen Nachbarn in dieser schwierigen Situation mit allen verfügbaren Kräften zur Seite“, betonte am Freitag Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Das Rote Kreuz Niederösterreich war am Donnerstagabend mit rund 40 Fahrzeugen und mehr als 100 Helfern im Einsatz und hatte sich um rund 30 Verletzte gekümmert.

„Krone“-Reporter: „Die Leute packen an, wo es geht“
Für die „Krone“-Leser sind Reporter Stefan Steinkogler und Fotograf Imre Antal in dem besonders betroffenen Ort Moravska Nova Ves. Die Menschen seien verzweifelt gewesen, manche hätten geweint. Trotz des Schocks über die gewaltigen Schäden haben die ersten Aufräumarbeiten aber schon begonnen. „Alle helfen zusammen, kommen teils aus anderen Dörfern und packen an, wo es geht“, so Steinkogler, der „noch nie so eine Zerstörung wie hier gesehen“ habe. Es seien „Bilder, die man nur aus Kriegsgebieten nach Bomben sieht“.

Fotograf Imre Antal und „Krone“-Reporter Stefan Steinkogler in Moravska Nova Ves (Bild: Stefan Steinkogler)
Fotograf Imre Antal und „Krone“-Reporter Stefan Steinkogler in Moravska Nova Ves

Video: Fahrt durch Moravska Nova Ves zeigt Ausmaß der Schäden

Tornado mit außergewöhnlicher Stärke
Der Tornado hatte nach Einschätzung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) eine für Europa außergewöhnliche Stärke. „Das sind solche Kräfte, die dort entstehen, dass wirklich Autos Hunderte Meter weit durch die Luft fliegen, dass Trümmerteile sich in Betonwände bohren“, sagte Andreas Friedrich, Tornado-Beauftragter des DWD. Er gehe anhand der Schäden, die er auf den Bildern aus Tschechien gesehen habe, von Windgeschwindigkeiten zwischen 300 und 400 Kilometern pro Stunde aus. Das sei „ein Tornado, der in dieser Stärke in Europa bisher nur selten vorkam“.

Babis: „Apokalypse, wie ich sie noch nie gesehen habe“
Tschechiens Ministerpräsident Andrej Babis nannte die Naturkatastrophe eine „Apokalypse“, wie er sie nie zuvor gesehen habe. Der Tornado habe rund 2000 Häuser beschädigt, der Schaden belaufe sich auf Hunderte Millionen Tschechische Kronen. Er drückte in Brüssel den Angehörigen der Todesopfer Mitgefühl aus und kündigte an, seine Regierung werde allen Betroffenen möglichst rasch helfen. Man werde auch versuchen, Mittel aus dem EU-Krisenfonds zu lukrieren, wie Kroatien nach einem schweren Erdbeben im Jahr 2020 dies gemacht hatte.

Babis sagte weiters, er habe bereits mit dem slowakischen Regierungschef Eduard Heger, Ungarns Premier Viktor Orban und Bundeskanzler Sebastian Kurz über die ausländischen Hilfseinsätze gesprochen, er bedankte sich bei allen Einsatzkräften und Helfern. Auch die Slowakei hattte mehrere Rettungswagen entsandt. Der tschechische Innenminister Jan Hamacek machte sich vor Ort ein Bild von der Lage und sprach von einer „gewaltigen Katastrophe“.

Feuerwehrleute gehen von Haus zu Haus, suchen mögliche Verschüttete
Die Suche nach möglichen Verschütteten dauerte am Freitag an. Hunderte Feuerwehrleute gehen in den zerstörten Gemeinden von Haus zu Haus. Spürhunde helfen bei der Suche. Aus anderen Teilen des Landes machte sich weitere Verstärkung auf den Weg. Die Armee schickte Soldaten mit schwerer Technik.

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