Ein Dröhnen, wie es die Kelchsauer noch kaum je gehört hatten - dann riss die Ache Sonntagfrüh an mehreren Stellen die Landesstraße weg. Der Ortsteil der Gemeinde Hopfgarten im Tiroler Bezirk Kitzbühel ist bis auf exponierte Notwege vorerst abgeschnitten. Strom- und Kanalnetz sind ebenso betroffen. Der Alltag in den nächsten Wochen wird schwierig, denn zur Außenwelt geht’s nur zu Fuß durch den Wald, danach per Shuttle weiter.
„Schon vor Mitternacht hat man die Ache deutlich rumpeln gehört. Dann kam die Durchsage, dass niemand mehr aus der Kelchsau fahren soll“, erläutert Hanspeter Gastl. Wie etwa 80 andere auswärtige Gäste war er beim Kehlbachfest der Musikkapelle. Sie übersiedelten teilweise in die nahe Turnhalle, gegen 6 Uhr organisierten Feuerwehr, Bergrettung usw. eine Evakuierung über den Glantersberg.
Brücke zwischen den beiden Talseiten weggerissen
Das Problem: Die Hauptbrücke auf diese Talseite wurde weggerissen, derzeit steht nur eine Variante über eine kleinere Brücke samt anschließendem 200-Meter-Fußweg durch ein Waldstück zur Verfügung. Von dort geht es per Shuttledienst weiter. „Die zweite Variante auf Forstwegen via Hagalm und Penningberg ist nicht für die Allgemeinheit gedacht“, mahnt der Kelchsauer Feuerwehrkommandant Hanspeter Wurzrainer.
Samt Landesstraße wurde auch wichtige Infrastruktur beschädigt. „Viele Häuser haben keinen Strom. Und mit der Straße wurden auch Abschnitte des Kanals zerstört“, schilderte Bürgermeister Paul Sieberer Sonntagnachmittag die Lage.
Personen- und Gebäudeschäden blieben zum Glück weitgehend aus, noch sind aber nicht alle Folgen sichtbar. Unter anderem wurde eine große Kfz-Werkstätte von den Fluten unterspült.
„Bis 3.30 Uhr gegen Verklausung gekämpft“
Viele Anrainer an der Ache erlebten eine bange Nacht. Etwa Georg Lindner vom Hof Modl an der Landesstraße: „Bis 3.30 Uhr habe ich mithilfe von Feuerwehr und Bagger dagegen angekämpft, dass sich der Höllingbach bei der Straßenunterführung vor der Einmündung in die Ache nicht verklaust.“ Große Schotterberge, die ständig beiseite geräumt werden mussten, zeugten noch am Sonntag von der nächtlichen Schufterei.
Die Ache hat gerumpelt und Wellen geschlagen, wie ich es noch nie erlebt habe. Ich glaube, dass es einen solchen Extremfall zuletzt 1959 gegeben hat.
Georg Lindner
Behelfsbrücke so rasch wie möglich bauen
Schon am Sonntag setzte ein reger Lkw-Pendelverkehr zu den beschädigten Stellen der Landesstraße ein. Geladen hatten sie große Steine zur Ufersicherung. Zugleich haben die Planungen für eine Ersatzbrücke begonnen, die dann zum Glantersberg-Notweg führt. Das Land räumte ein: „Die Dauer der Arbeiten für die Errichtung der Ersatzbrücke sowie die Sanierung der Landesstraße kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden.“ Zunächst müsse das Wasser zurückgehen.
Der Pegel an der Kelchsauer Ache erreichte Sonntagfrüh eine Höhe von 197 Zentimetern, was etwa zwischen einem 30-jährigen und einem 100-jährigen Hochwasser liegt. Der Normalwert liegt bei 60 Zentimetern.
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