Ein Brief aus dem Innenministerium sorgt weiter für innenpolitischen Wirbel in Österreich. Die Information, wonach die Lage an der Balkanroute stabil sei, stößt Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) dabei sauer auf. Er fühlt sich dabei an die Flüchtlingskrise 2015 erinnert, aus der man anscheinend „nichts gelernt“ habe. Die ÖVP will die Kritik nicht auf sich sitzen lassen.
Wie Doskozil der „Krone“ berichtete, habe ihm das Innenministerium mitgeteilt, dass die Balkanroute derzeit zwar „stabil“ sei, jedoch unter Beobachtung stehe. Aus seiner Sicht handle es sich dabei aber um eine falsche Lagebeurteilung: „Das sieht man wirklich ganz explizit und ausgewiesen“, meint der Landeshauptmann.
Doskozil: „Man ist komplett überrascht“
Man habe aus der Vergangenheit nichts gelernt, betonte Doskozil im Ö1-„Journal um Acht“ am Dienstag. Der Landeshauptmann kritisierte, dass Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) auf eine derartige Situation nicht vorbereitet sei, und sah sich an die Flüchtlingskrise 2015 erinnert. „Man ist komplett überrascht, man ist konsterniert“, sagte Doskozil.
Er gehe davon aus, dass es ähnlich laufen werde wie 2015. Die anderen Bundesländer würden aushelfen. In Oberpullendorf und Stoob werde außerdem bereits Infrastruktur in Form von Notaufnahmestellen aufgebaut. „Eine Flüchtlingswelle rollt auf uns zu, das ist ein Skandal“, so Doskozil.
Schließung der Balkanroute „nur PR-Gag“
Wie die Landespolizeidirektion Burgenland bei einem Besuch von Nehammer in der Vorwoche bekannt gab, wurden heuer bereits 5400 Flüchtlinge aufgegriffen. Im Vergleich dazu waren es im gesamten Jahr 2016 rund 6500. Es zeige sich, dass die Schließung der Balkanroute „nur ein PR-Gag des Bundeskanzlers (Sebastian Kurz, ÖVP, Anm.)“ gewesen sei, sagte Doskozil zur „Krone“. Der Landeshauptmann plädierte erneut für Asylzentren außerhalb von Europa.
ÖVP: „Doskozil schürt Ängste“
Die ÖVP konterte am Dienstag ihrerseits mit Kritik an Doskozil. „Während die Bundesregierung handelt, schürt Querulant Doskozil lediglich Ängste“, betonte Vize-Generalsekretärin Gaby Schwarz in einer Aussendung. Sie bezeichnete die Kritik des Landeshauptmannes als „substanzlos“. Das Innenministerium habe „in enger Kooperation mit dem Verteidigungsministerium“ bereits eine „Grenzschutz-Offensive“ gestartet. Die burgenländische FPÖ sprach sich in diesem Zusammenhang erneut für den Bau eines Grenzzauns aus.
SPÖ: „Türkise Verantwortungsflucht“
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch reagierte auf die Aussagen von Schwarz verärgert und ortete darin „türkise Verantwortungsflucht und Schuldabschieben“. Die ÖVP habe sich weder für Rückführungsabkommen noch für Verfahrenszentren außerhalb der EU eingesetzt und „außer leeren Ankündigungen, PR-Getöse und Showpolitik hier nichts vorzuweisen“, so Deutsch.
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