Neuer ORF-Chef gewählt

„Wir schauen zu“: Grüne kritisiert eigene Partei

Politik
10.08.2021 16:57

Die drei grünen Stiftungsräte haben sich am Dienstag wie erwartet geschlossen für Roland Weißmann als neuen ORF-Generaldirektor ausgesprochen und damit ihre Koalitionstreue zur türkisen ÖVP unter Beweis gestellt. Scharfe Kritik am Verhalten des Trios übte jedoch die Wiener Grün-Politikerin Viktoria Spielmann. Dass Weißmann nun neuer ORF-Generaldirektor sei, überrasche sie nicht. „Überraschender ist, was in Österreich alles möglich ist und dass wir Grünen dabei zuschauen, wie sich die Demokratie in eine türkis-autoritäre Richtung entwickelt. Das ist falsch“, schrieb die Frauen- und Sozialsprecherin auf Twitter erzürnt. Auch die Oppositionsparteien zeigten ihren Unmut über die Wahl Weißmanns. 

Zusätzlich zu ihrem Tweet hängte Spielmann (die sich auf Twitter Spielfrau nennt) ein Bild des deutschen Satirikers Jan Böhmermann dazu, der bekanntlich ein scharfer Kritiker der türkisen ÖVP und Kanzler Sebastian Kurz ist. 

Dass Spielmann kein Fan der Zusammenarbeit zwischen Türkis und Grün ist, hat sie bereits kurz nach dem Beschluss des Regierungspakts im Jänner 2020 kundgetan. Die Gemeinderätin brachte damals in einem offen formulierten Text ihre Zweifel auf den Punkt und machte deutlich, dass für sie die Schmerzgrenze überschritten wurde.

(Bild: AUGE/UG Balint Kelen, facebook.com, krone.at-Grafik)

Grüner Stiftungsrat Lockl verteidigte Wahl Weißmanns
„Für uns ist die Unabhängigkeit des ORF zentral. Daher ist die Wahl ein Vertrauensvorschuss“, erläuterte Lothar Lockl, der für die Grün-nahen Stiftungsräte spricht, die Entscheidung. Die Unabhängigkeit des ORF werde „für uns der Lackmustest sein“, so Lockl. Es habe zwei Gründe für die Wahl Weißmanns gegeben: Ein wichtiger Punkt sei die Zusicherung für ein starkes Direktorenteam gewesen das aus kompetenten, parteiunabhängigen Persönlichkeiten bestehe. Der zweite Punkt sei die Digitalisierung. „Hier haben wir Handlungsbedarf im ORF“, unterstrich Lockl. Dies sei Weißmann auch ein Anliegen gewesen.

Lothar Lockl sitzt für die Grünen im ORF-Stiftungsrat (Bild: Zwefo)
Lothar Lockl sitzt für die Grünen im ORF-Stiftungsrat

Kritik an Weißmann-Bestellung auch von Oppositionsparteien
Auch SPÖ, NEOS und FPÖ übten nach der Wahl von Weißmann zum neuen ORF-Generaldirektor teils heftige Kritik. SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried sprach von einem „abgemachten Deal“ und warnte vor „türkiser Message Control“. Die NEOS gratulierten zwar, zeigten sich aber ebenfalls über den Wahlvorgang verärgert. Die FPÖ ortete einen „Machtrausch“ der ÖVP. Deftige Worte in Richtung Grüne fand FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker: „Die Grünen, als türkise Bettvorleger, machen gute Miene zum bösen Spiel und werden dafür mit zwei Direktorenpöstchen belohnt.“

Hintergrund seiner Kritik: Im Vorfeld der Wahl wurde kolportiert, dass sich die Grünen zwei Direktorenposten - Finanzen und Programm - für die Stimmen auf die Fahnen heften könnten. „Ich halte diese Zuschreibungen für eine Unkultur. Es wird keine Posten für irgendwelche Parteien geben. Ich möchte das starke, anerkannte, höchst kompetente Personen im Direktorium sind. Das ist vielleicht neu im Unternehmen und ein Kulturwandel, aber mir ist das Signal wichtig: Leistung zählt.“

Gratulationen von ÖVP 
ÖVP-Mediensprecher und Generalsekretär Axel Melchior Kritik wies die Kritik zurück und zeigte sich insbesondere über die SPÖ verärgert: Diese habe „einmal mehr bewiesen, dass sie wie immer jemanden mit rotem Parteibuch an der Spitze des ORF wollte. Nur deshalb empört sich die SPÖ an der Entscheidung des Stiftungsrates, der nun einen Journalisten und Manager ohne Parteibuch zum neuen ORF-Chef gewählt hat“. In Richtung Weißmann sprach er eine Gratulation aus, dem scheidenden Generaldirektor Alexander Wrabetz dankte Melchior.

Gratulationen an Weißmann kamen vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ), wo man auf weitere gute Zusammenarbeit baut. Auch die Österreichische Filmwirtschaft gratulierte und sah mit dem neuen Generaldirektor „eine Fortsetzung einer erfolgreichen Zusammenarbeit gewährleistet“.

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