Österreich schloss sich mit dem EU-Beitritt 1995 auch Euratom an. Ziel ist die Entwicklung der Kernindustrie in Europa sowie Beiträge zur technologischen Entwicklung und Sicherheit. Die nunmehrige Initiative "Raus aus Euratom" geht von den Gruppen "Atomstopp Oberösterreich", "Plattform gegen Atomgefahren Salzburg" und "Umweltdachverband" aus. Neben rund Hundert weiteren Verbänden, Firmen und politischen Gruppen unterstützen auch alle neun österreichischen Landtage und 189 Gemeinden den Ruf nach einem Referendum.
Österreich dürfe nicht länger die Atompolitik anderer Mitgliedsstaaten mitfinanzieren, argumentieren die Initiatoren. Derzeit zahle Österreich jährlich geschätzte 40 Millionen Euro für Euratom mit, der größte Teil davon fließe in den Bau neuer AKWs. "Wir wollen, dass dieses Geld stattdessen eins zu eins in erneuerbare Energien fließt", sagte Gabriele Schweiger von "Atomstopp Oberösterreich". Die Initiatoren hoffen nun auf zumindest 100.000 Unterschriften. Bei dieser Zahl muss das Anliegen im Nationalrat behandelt werden.
Opposition geschlossen dagegen
Die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig (Bild) kritisierte, dass Österreich "seit dem EU-Beitritt die EU-Atomindustrie bereits mit mehr als einer halben Milliarde Euro kräftig mitfinanziert" habe. "Das ist untragbar", so Glawischnig, die das Volksbegehren am Montagvormittag unterschrieb. Neben Glawischnig fanden sich auch die EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek und Alexander Spritzendorfer, Bezirksobmann in Wien-Josefstadt, im Amtshaus des Bezirks ein. Altvorsitzende Freda Meissner-Blau war aus gesundheitlichen Gründen verhindert.
Die Regierung habe bisher "äußerst mutlos" in der Atompolitik agiert, sagte Glawischnig. Die SPÖ sei "wie so oft verbal auf der richtigen Seite, lässt sich aber knebeln", die ÖVP spreche sich zwar gegen die Atomkraft aus, ihr Handeln höre aber "bei der Grenze auf". Mit den Aussagen der Politiker von ÖVP und SPÖ, die im Vorfeld erklärt hatten, ein Austritt aus Euratom sei juristisch unmöglich, versuche die Regierung lediglich, eine Debatte zu vermeiden, sagte Glawischnig. Eine Reform des Vertrages, wie sie von einigen Mitgliedsstaaten angestrebt wurde, sei "nie ernsthaft versucht worden", kritisiert Glawischnig. "Es gibt nur einen Weg, unserer Meinung nach. Diese Frage ist rein politisch."
Wenn das Volksbegehren nicht die notwendigen Hunderttausend Stimmen schafft, um im Parlament behandelt zu werden, will Glawischnig einen entsprechenden Antrag neuerlich einbringen. Sie sieht dafür auch in den Reihen der Regierungsparteien prinzipiell Unterstützung. In der Vergangenheit sprachen sich Mehrheiten in allen neun Landtagen für einen Ausstieg aus Euratom aus, darunter auch der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl sowie der SPÖ-Landtagsklub in Oberösterreich.
BZÖ und FPÖ rufen zur Unterschrift auf
Das BZÖ rief am Sonntag alle Wahlberechtigten zur Unterschrift des Volksgehrens auf. Es solle "nicht noch mehr österreichisches Steuergeld in eine gefährliche Technologie gesteckt" werden, sagte der BZÖ-Energiesprecher Rainer Widmann. Über das Volksbegehren müsse "auf SPÖ und ÖVP massiver Druck" ausgeübt werden, über einen Ausstieg Österreichs aus Euratom zu verhandeln.
Auch vonseiten der FPÖ wird betont, für den Ausstieg aus Euratom einzutreten. Die Regierung habe sich "Geschäftsordnungs-Tricks" bedient, um das Thema nicht im Vorfeld im Parlament behandeln zu müssen, beklagte FPÖ-Umweltsprecher Norbert Hofer. "Die diesbezüglichen Anträge der FPÖ und der grünen Umweltsprecherin Christiane Brunner wurden zwar gestern im Umweltausschuss des Nationalrates vertagt, das wird uns jedoch nicht daran hindern, dennoch einen Weg zu finden, uns im Plenum dazu nicht verschweigen zu müssen", sagte Hofer.
SPÖ: Bund und Länder uneins
Die Bundes-SPÖ verwehrt sich gegen einen Ausstieg aus Euratom. "Ein einseitiger Ausstieg ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht möglich. Das haben diesbezügliche Prüfungen eindeutig ergeben", sagte SP-Europasprecherin Christine Muttonen. Ein Ausstieg wäre außerdem nicht sinnvoll, "denn mitfinanzieren müssten wir die Atomkraft als EU-Mitglied dennoch - nur hätten wir dann kein Mitspracherecht mehr", sagte Muttonen. Österreich spreche sich aber gemeinsam mit Deutschland, Irland, Schweden und Ungarn für die Einberufung einer Änderungs-Konferenz zum Euratom-Vertrag aus.
In den Bundesländern haben sich SPÖ-Politiker gegen die Linie der Bundespartei gestellt. Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl hat seine Zustimmung zum Volksbegehren bekundet. Der SP-Landtagsklub in Oberösterreich unterzeichnete geschlossen eine Unterstützungserklärung für das Volksbegehren. "Euratom ist ein Relikt der alten EU, das in seiner derzeitigen Form nicht mehr zeitgemäß ist", sagte Karl Frais, Klubobmann im oberösterreichischen Landtag.
ÖVP: "Völlig kontraproduktiv"
Umweltminister Niki Berlakovich (ÖVP) hingegen wies die Forderung nach einem Euratom-Ausstieg zuletzt als "völlig kontraproduktiv" zurück, weil Österreich dann "von der Informationskette abgeschnitten" wäre und bei Atomsicherheitsfragen nicht mitreden könnte.
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner erklärte am Montag, ein Austritt aus Euratom bedeute auch einen Austritt aus der EU. Zudem verliere man im Falle eines Austritts die Möglichkeit zur Mitsprache - Geld müsse man hingegen weiter zahlen, da das Budget von Euratom in Österreichs Überweisungen an die EU integriert und nicht davon trennbar seien.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.