Immer mehr europäische Länder setzen nun Abschiebungen abgelehnter Asylwerber nach Afghanistan aus. In Österreich tobt eine Debatte zwischen Härte und Humanität - Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer, ein ehemaliger ÖVP-Politiker, ruft die Türkisen dazu auf, ihren strikten Kurs zu überdenken.
Gerald Schöpfer ist ein Schwarzer der alten Schule, er war Abgeordneter und Landesrat in der Steiermark - das hindert ihn aber nicht daran, die regierenden Türkisen zu kritisieren. Er nennt Afghanistan „die Hölle auf Erden“ und betont: „Ich wünsche mir schon Politiker, die den aufrechten Gang üben. Die den Rechtsstaat, die Verpflichtungen, die Österreich in guten Zeiten eingegangen ist, auch in Zeiten, in denen es nicht populär ist, einhalten.“
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat bereits klargestellt, dass Abschiebeflüge nach Afghanistan derzeit „unvorstellbar“ seien. Das Innenministerium hält dennoch an seinem strikten Kurs fest, ohne jedoch beantworten zu können, wie Rückführungen ohne die bisherige internationale Zusammenarbeit organisiert werden sollen.
Unterdessen wird die Liste der Länder, die Abschiebungen nach Afghanistan stoppen, immer länger: Finnland, Norwegen, Schweden, Deutschland, Niederlande und zuletzt Frankreich sowie Dänemark. Dazu meint das heimische Innenministerium: „Jeder Staat entscheidet hier für sich.“
Jeder Staat entscheidet hier für sich.
Das Innenministerium zur Abschiebe-Debatte
Im ersten Halbjahr des heurigen Jahres wurden 121 afghanische Staatsangehörige zwangsweise außer Landes gebracht, 60 betrafen Dublin-Überstellungen (eine Überstellung in ein anderes europäisches Land, das für den Asylwerber zuständig ist), 61 Abschiebungen fanden in Charterflügen der EU-Grenzschutzagentur Frontex statt. Rund 40 dieser Personen waren zumindest einmal in Österreich strafrechtlich verurteilt.
Ein Abschiebestopp wäre ein gewaltiger „Pull-Faktor“, heißt es aus dem Ministerium. „Das befeuert das Geschäft der Schlepper, dabei geht es auch um Afghanen, die gar nicht in ihrem Land leben, sondern in Pakistan oder anderen umliegenden Staaten“, sagt der oberste Schlepper-Bekämpfer Gerald Tatzgern.
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