Im Dauerstreit

Die SPÖ auf dem Weg ins Nirgendwo

Politik
29.08.2021 06:00

Kennen Sie den Kult-Film „Das Leben des Brian“? Zur Zeit der Geburt Jesu wollen zwei Revolutionsgruppen gegen die herrschenden Römer kämpfen. Doch streiten die Volksfront von Judäa und die Judäische Volksfront mit sich selber über läppische Dinge. Das passt als Gleichnis für die SPÖ.

1. Was ein bitterböser Satirefilm der britischen und für ihren schwarzen Humor berühmten Schauspieltruppe Monty Python’s Flying Circus mit den Sozialdemokraten in Österreich zu tun hat? Die beste Streitszene des Films spielt in einem fast leeren Stadion. Keiner hört den Möchtegernrevolutionären zu. Niemand bekommt beim Austausch ihrer leeren Worthülsen mit, worum es vom Inhalt her überhaupt geht. Die römische Regierung kann also trotz ihrer Schwächen in aller Ruhe weitermachen.

2. Genauso zeigt uns die SPÖ immer wieder auf offener Medienbühne einen seltsamen Dauerstreit: „Ich gegen mich selbst!“ ÖVP und Grüne sowie deren Bundesregierung können sich trotz klar sinkender Vertrauenswerte entspannt zurücklehnen. Weil eine rote Opposition, die populär genug für einen Machtwechsel wäre, ist nicht in Sicht.

3. Das ist durch Daten belegbar. In der Nationalratswahl 2019 gab es für die SPÖ das allerschlechteste Ergebnis in der Zweiten Republik. Seit Langem rinnen die Sozialdemokraten in alle Richtungen aus: 2019 wanderten fast 200.000 Ex-SPÖ-Wähler zu den Grünen, 2017 waren es über 150.000 an die FPÖ, 2013 ging dieselbe Zahl ins Nichtwählerlager. Und so weiter und so fort. Die SPÖ beteuert hingegen nun schon zwei Jahre lang, man befinde sich im Aufholen. Sind da Umfragen mit durchschnittlich 22 bis 23 statt 21 Prozent gemeint?

Bei Monty Python streiten Volksfront von Judäa und Judäische Volksfront mit sich selber. (Bild: Monty Python)
Bei Monty Python streiten Volksfront von Judäa und Judäische Volksfront mit sich selber.

4. Geht es in dem Tempo weiter, würde man die ÖVP 2035 einholen. Oder nie. Der Ibiza-Ausschuss zur - so der Titel - „mutmaßlichen Korruption der türkis-grünen Bundesregierung“ sowie das sehr kritikwürdige Management der Regierung in ihrer Pandemiebekämpfung haben daran nichts geändert. Wer nicht einmal damit bei Wechselwählern punktet, sollte seine Kommunikationsarbeit überdenken.

5. Ein aktuelles Beispiel dazu sieht so aus: „Wir wollen Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen. Wir müssen unsere Grenzen gegen Flüchtlinge dicht machen. Wir meinen, dass der linkslinke Innenminister aus der ÖVP es nicht tut. Wir sind aber sicher, dass das unsere rote Bundespartei nicht kapiert.“ Kennen Sie sich aus? Ich mich nicht.

6. Ja, diese Aussage als Mischmasch von Stellungnahmen des Wiener Bürgermeisters und des burgenländischen Landeshauptmanns ist so nicht gefallen. Doch es ist eine Zusammenfassung, wie die Sache in der breiten Öffentlichkeit ankam. Es gab zeitgleich widersprüchliche Wortmeldungen der Landeshauptleute Michael Ludwig und Hans Peter Doskozil sowie das Schweigen von deren „Chefin“ - beide sehen sie nicht als solche - Pamela Rendi-Wagner.

7. Geschah das mit Absicht? Mindestens im Fall von Doskozil sind Breitseiten gegen die Bundespartei kein Einzelfall. Die burgenländischen Roten stellen sich gerne medial hin und erklären dem Rest der Welt, dass sie recht haben. Wer das nicht einsehen will, wird mit rüden Worten abgekanzelt. Rendi-Wagner ist ein dankbares Opfer, weil sie nachweislich mit ihrer eigenen Kommunikation bisher kein Publikumserfolg ist.

8. Die sinngemäße Botschaft „Nur wir Burgenländer machen es richtig, Ihr aber seid Schwachdenker!“ kommt naturgemäß im Burgenland gut an. Nämlich bei zuletzt 92.634 dortigen Wählern der SPÖ. Das reichte regional für die absolute Mehrheit, sind jedoch nur etwa 1,5 Prozent aller österreichischen Wahlberechtigten. Also einer von 65. Im Umkehrschluss lassen sich 64 von 65 Österreichern vielleicht nicht so gerne vom Neusiedler See aus zum Deppen erklären.

9. Das Problem ist nicht, dass Doskozil & Co. keine guten Ideen hätten. Ein Mindestlohn im Land und den Gemeinden von 1700 Euro beispielsweise ist überall populär. Der Unterschied ist nur, dass bei der SPÖ im Bund keiner an die Umsetzung glaubt. Schlimmer noch: Wenn die SPÖ im Burgenland oder Wien und Kärnten in Landtagswahlen viel besser liegt als im Landesergebnis einer Nationalratswahl, werden die Herren Doskozil, Ludwig und Peter Kaiser der Bundespartei und Rendi-Wagner nicht helfen wollen. Warum bei jemand anstreifen, der deutlich weniger beliebt ist?

10. Am 26. September wird in Oberösterreich der Landtag gewählt. Die SPÖ hat längst verloren. Denn 2015 gab es 18 Prozent der Stimmen. Das war ein historisches Debakel. Nun sagen die veröffentlichten Umfragen gar weitere Verluste voraus. Selbst wenn ein paar Prozentpünktchen mehr herauskommen, gibt es nichts zu gewinnen. Die Frage nach dem Wahltag ist, ob die ÖVP in der Landesregierung mit der FPÖ oder den Grünen zusammenarbeitet. Die SPÖ ist momentan raus aus dem Spiel.

Rendi-Wagner im Sommergespräch

Pamela Rendi-Wagner, Bundesparteivorsitzende der SPÖ, ist am Montag Gast in den traditionellen Sommergesprächen des ORF. Ihr Auftritt bei Lou Lorenz-Dittlbacher wird anschließend wie bei den Chefs aller Parlamentsparteien von Peter Filzmaier in der „ZiB 2“ analysiert. Parallel zu den Gesprächen gibt es eine fünfteilige „Krone“-Sonntagsserie zur Lage der jeweiligen Partei.

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