Über Inhalte reden - das wollte SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner in ihrem ORF-„Sommergespräch“. Konfrontiert wurde sie dort allerdings auch mit den immer wiederkehrenden Querschüssen aus den eigenen Reihen und ob nun Flüchtlinge aus Afghanistan aufgenommen werden sollen oder nicht. Gesprochen wurde selbstverständlich auch über die vierte Corona-Welle und Rendi-Wagners Einschätzung, wohin uns diese Welle führen wird. Eines tue sie sicherlich nicht, wie die SPÖ-Chefin gleich eingangs erklärte: aus der Hüfte schießen.
Schon seit sie als erste Frau in der Geschichte der SPÖ zur Chefin gewählt wurde, hat sie mit immer wiederkehrenden Querschüssen aus den eigenen Reihen zu kämpfen. Gefragt wurde sie etwa nach den „Macho-Männern“ in der Partei und was die Kritik mit ihr macht. Sie sei die erste Frau an der Spitze in den über 130 Jahren Parteigeschichte - eine Position, die vor ihr also noch nie eine Frau innehatte. Wobei sie selbst sich mit diesem Gedanken nie beschäftige, wie Rendi-Wagner im Gespräch mit Lou Lorenz-Dittlbacher betonte. Für andere in der SPÖ sei dies aber durchaus ungewohnt gewesen.
Parteitagsergebnis im Fokus
Thema war neben Aktuellem - Stichwort Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan - freilich auch der Parteitag Ende Juni, wo sich Rendi-Wagner erstmals der Wiederwahl stellte und mit 75 Prozent ein desaströses Ergebnis einfuhr. Es gebe allerdings größere Probleme als solche Prozentzahlen, so Rendi-Wagner. „Natürlich hätte ich mir mehr als 75 Prozent gewünscht. Ich habe aber auch mehrfach gesagt, dass das eine gute Basis fürs Arbeiten für mich ist.“ Lorenz-Dittlbacher hakte nach und wollte wissen, ob sie sich nicht eine Sekunde gedacht habe, „Leute - macht das doch alles alleine“ - was Rendi-Wagner aber verneinte.
Die rote Chefin wollte in erster Linie mit Inhalten punkten. Schon im Vorfeld ihres „Sommergespräches“ forderte Rendi-Wagner etwa Tempo bei der Pflegereform ein - und sprach sich unter anderem für ein Mindestgehalt von 1700 Euro für Pflegeschüler aus. Und was die SPÖ betrifft: Diese müsse sich nach Ansicht ihrer Vorsitzenden nicht verändern. „Chancengerechtigkeit“ sei das Ziel, das sich seit über 130 Jahren nicht geändert habe.
SPÖ-Thema Arbeit und Arbeitslosigkeit
Ob sich die SPÖ nicht mehr um Arbeitslose als um Arbeiter kümmere - eine langjährige Kritik - will Lorenz-Dittlbacher zum Thema Arbeit und Arbeitslosigkeit wissen. Zur Erinnerung: Rendi-Wagner schlug erst am Wochenende einen 500-Euro-Bonus für alle vor, die aus der Arbeitslosigkeit eine Pflegeausbildung starten. Es gebe einfach einen Pflegemangel, deswegen brauche es gezielte Umschulungsprogramme, so die SPÖ-Chefin. Die Forderung nach einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes bestehe indessen unabhängig von dem neuen Vorschlag, ergänzte sie.
SPÖ-Chefin hält nichts von genereller Impfpflicht
Was Corona und die aktuelle vierte Welle betrifft, erklärte Rendi-Wagner, dass sie von einem grundsätzlichen Impfzwang nichts halte. In 90 Prozent der Fälle gelinge es, die Menschen mit Information zu überzeugen. Eine Impfpflicht für Neuanstellungen hält die SPÖ-Chefin aber für gut. Die vierte Welle werde durch Delta, Reiserückkehrer und Schulstart angetrieben. Die nächsten zwei bis drei Wochen werden hier die entscheidenden sein, so Rendi-Wagner.
Es müsste jetzt „mit Hirn und gezielt getestet werden“. So hätten alle Reiserückkehrer einen PCR-Tests und „am besten einen zweiten innerhalb einer Woche“ machen müssen, und nicht nur Urlaubsrückkehrer aus wenigen Ländern. Auch in den Schulen brauche es zwei PCR-Tests in der Woche und das österreichweit, so Rendi-Wagner. Die derzeitige Impfrate von rund 60 Prozent sei zu niedrig. Die dritte Impfung müsse jetzt rasch verabreicht werden. Dann könne es Österreich auch ohne vierten Lockdown schaffen, zeigte sie sich überzeugt. „Wir haben es in der Hand. Wir haben einen Schutzschirm, er heißt Impfen.“
Zum Schluss holte die SPÖ-Chefin noch gegen die Kanzlerpartei aus: Sie wolle Respekt vor Demokratie, dem Rechtsstaat, Journalisten und auch katholischen Würdenträgern - was aber mit dem „System Kurz“ derzeit nicht möglich sei. Deswegen schließe sie da auch eine Koalition mit den Türkisen aus. „Die Frage ist ja nicht, mit wem ich regieren will, sondern wie die ÖVP sich entwickelt“, präzisierte die Chefin der größten Oppositionspartei. Es gehe ihr um die Grundeinstellung, die dieses System Kurz derzeit verkörpere - nicht um eine Person oder die ÖVP an sich. Othmar Karas oder Christian Konrad nannte sie dabei als positive Beispiele aus der Partei.
„Ich gehe davon aus, dass ich die nächste Spitzenkandidatin bin und will das auch“, so Rendi-Wagner abschließend.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.