Die Zahl der Corona-Neuinfektionen bei Kindern in Wien steigt, wegen der ansteckenderen Delta-Variante, aber auch weil eine Impfung für Unter-Zwölf-Jährige noch nicht zugelassen ist. Aktuell sind in Wien 7498 Menschen erkrankt, davon fallen neun Prozent in die Altersgruppe null bis neun Jahre, 23 Prozent sind zwischen zehn und 19 Jahre alt (Stand: Dienstag). Aufgrund der steigenden Zahlen wird damit gerechnet, dass mehr Kinder mit schwerem Verlauf im Spital versorgt werden müssen.
Dabei stellte Florian Götzinger, Kinderarzt und Kinderinfektiologe an der Klinik Ottakring (ehemals Wilhelminenspital), gegenüber der APA klar: „Es wird nicht erwartet, dass die Delta-Variante für das einzelne Kind einen schwereren Krankheitsverlauf verursacht. Aber die Rechnung ist einfach: Wenn man annimmt, dass ca. 0,1 Prozent der erkrankten Kinder einen schwereren Verlauf haben, dann gibt es bei einer höheren Inzidenz, die wir erwarten, letzten Endes auch mehr Kinder, die einen schweren Verlauf haben werden.“
Sieben Kinder mit Covid im Krankenhaus
In der Klinik Ottakring - sie ist im Moment die erste Anlaufstelle für Covid-erkrankte Kinder und Jugendliche in Wien, die medizinische Versorgung benötigen - ist die Lage vorerst noch ruhig. Im Moment liegen dort sechs Kinder, vier davon sind unter zwölf Jahren alt, zwei älter als zwölf. Teilweise handle es sich um Kinder mit Vorerkrankungen, teilweise haben sie keine Vorerkrankungen, sagte Elena Reghenzani, Sprecherin des Wiener Gesundheitsverbundes der APA. Ein Kind befindet sich auf der Intensivstation in der Klinik Donaustadt (ehemals Donauspital).
Sollte es notwendig werden, so kann die Stadt bis zu 25 Intensivbetten für Kinder zur Verfügung stellen. „Wir wissen nicht, ob wir sie brauchen. Aber besser vorbereitet sein, als nicht vorbereitet sein“, sagte Mario Dujakovic, Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).
Infektion oft als „Nebendiagnose“ entdeckt
Seit Pandemiebeginn im Frühling 2020 sind insgesamt 250 Kinder und Jugendliche in der Klinik Ottakring behandelt worden. Davon sind manche allerdings auch aus sozialen Gründen aufgenommen worden, weil beispielsweise die Eltern schwer erkrankt sind und niemand anderer für sie sorgen konnte. In manchen Fällen tauchte Covid-19 auch als „Nebendiagnose“ auf. Das ist dann beispielsweise der Fall, wenn sich ein Kind das Bein bricht, ins Spital kommt und dort der Corona-Test positiv ist.
Grundsätzlich ist der Verlauf der Corona-Infektion bei Kindern und Jugendlichen eher mild. Aber nicht immer: „Kinder ohne Vorerkrankungen haben selten einen schweren Verlauf. Anders sieht es mit schweren Vorerkrankungen aus. Diese Kinder haben ein höheres Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf“, weiß Götzinger.
Nacherkrankungen werden immer mehr zum Problem
Anders schaut es mit einer gefährlichen Nacherkrankung aus: Es kann Wochen nach der Corona-Infektion die Krankheit Mis-C auftreten. Es handelt sich dabei um eine überschießende Immunreaktion, die sehr selten auftritt, einen lebensgefährlichen Verlauf nehmen kann und intensivmedizinische Betreuung notwendig macht. Seit Beginn der Pandemie wurden 15 Patientinnen und Patienten in der darauf spezialisierten Klinik Donaustadt behandelt. Auch hier könnte es im Herbst einen Anstieg geben.
Allerdings bereitet sich der Gesundheitsverbund auch darauf vor, dass sich die Symptomatik etwas mehr in Richtung Kawasaki-Syndrom entwickeln könnte - Daten aus Großbritannien würden darauf hinweisen. Beim Kawasaki-Syndrom handelt es sich ebenfalls um eine überschießende Immunreaktion nach viralen Infekten, die bei Kindern auftritt. Diese kann zu einer irreversiblen Schädigung der Koronargefäße führen. Die Erkrankung beginnt mit plötzlich einsetzendem Fieber, Bauchschmerzen und Übelkeit.
Auch Kinder leiden unter Long Covid
Ein weiteres Problem ist Long Covid, das auch bei Kindern und Jugendlichen mit milden Verläufen auftreten kann. Auch diese werden in der Klinik Ottakring betreut. Die häufigsten Symptome bei den jungen Patientinnen und Patienten sind Geschmacks- und Geruchsstörungen, Kopfschmerzen, Schwächegefühl, Konzentrationsschwierigkeiten und sehr selten chronischer Husten.
Wien bereitet sich bereits ressourcenmäßig für eine steigende Zahl an jungen Patientinnen und Patienten im Herbst vor. „Es stehen bis zu 25 Intensivbetten für Kinder zur Verfügung. Wir wissen nicht, ob wir sie brauchen. Aber besser vorbereitet sein, als nicht vorbereitet sein“, sagte Mario Dujakovic, Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).
„Impfquote immer noch niedrig“
Und Gesundheitsverbund-Sprecherin Reghenzani appellierte an die Wienerinnen und Wiener: „Dadurch, dass die Impfquote so niedrig ist, können Kinder nicht so vor Infektionen geschützt werden, wie es wünschenswert wäre. Für Kinder gibt es aktuell keine andere Möglichkeit geschützt zu werden, als dass sich ihre Eltern und ihre Pädagoginnen und Pädagogen impfen lassen.“
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