Die Rede von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Lage der EU hat zu gemischten Reaktionen in der österreichischen Politik geführt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßte auf Twitter die „sehr wichtige Rede“, die sich zu Recht auf humanitäre Hilfe für Afghanistan, Freiheit und Werte sowie den Kampf gegen den Klimawandel und Wettbewerbsfähigkeit konzentriert habe. Kritik kam von SPÖ, Grünen und NEOS.
Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas (ÖVP), betonte, von der Leyen habe alle entscheidenden Themen der Zukunft angesprochen und auch die nächsten notwendigen Schritte angekündigt. Es sei ganz entscheidend, dass von der Leyen besonders emotional auf die Grundlagen der europäischen Idee hingewiesen habe, sagte Karas. „Wir benötigen eine Wiederbelebung der Idee Europa.“ Dieser Spirit müsse auch vom EU-Parlament ausgehen. Kritischer äußerten sich andere Parteien.
Die Lehren aus Afghanistan
Andreas Schieder, SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, vermisste die „große Erzählung“: „Viele wichtige Themen wie die Pflege, Digitalisierung, Klimaschutz, Ausbau von Gesundheits- und Verteidigungsunion wurden zwar pflichtschuldig abgehakt, wirkliche Emotionen wollten nicht aufkommen.“ Er begrüßte das Versprechen, weiterer 200 Millionen Impfdosen zu spenden, und „mehr gemeinsames Engagement“ in der Außen- und Sicherheitspolitik. Gleichzeitig warnte er, Afghanistan habe gezeigt, dass „Aufrüstung und Militarisierung nicht der Weg sind, die Konfliktherde des 21. Jahrhunderts zu befrieden“.
Grüne: „Rechtsstaatsmechanismus aktivieren“
„Wir haben im vergangenen Jahr beides gesehen, solidarische EU-Corona-Hilfen, aber auch Zögern und schlechte Kompromisse, die die Klimakrise und die Rechtsstaatskrise verschärfen“, erklärte die Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im EU-Parlament, Monika Vana. Die EU-Kommission müsse „endlich den Rechtsstaatsmechanismus aktivieren.“ Zudem sieht sie die EU in der Pflicht, „Aufnahmekontingente für Geflüchtete“ bereitzustellen. Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen und Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen, fordert „mehr Koordination und Zusammenhalt für eine echte gemeinsame Außenpolitik, deren Kernstück Konfliktprävention und Friedensbildung ist“. Gemeinschaftliche Anstrengungen müsse es auch zur Erreichung der Klimaziele geben.
NEOS: „EU ist derzeit zu schwach“
„Die Union ist derzeit zu schwach“, kommentierte die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon. Krisen wie die Corona-Pandemie, Afghanistan und der Klimawandel würden „Europas Schwachstellen vor Augen“ führen. „Insgesamt sind wir für solche Krisen lange nicht gewappnet“, warnte Gamon. Als Ausweg sieht sie nur weitreichende Reformen der Europäischen Union. Am Ende dieser Reformen stehen für Gamon „handlungsfähige, effiziente und bürgernahe Vereinigte Staaten von Europa“.
„Jetzt geht es darum, dass Europa nicht nur redet, sondern auch liefert“, äußerte sich Christoph Leitl, Präsident der Europäischen Bewegung Österreichs (EBÖ) - einer Plattform der proeuropäischen Kräfte -, ähnlich. „Nur wenn Europa bei den großen Zukunftsthemen von Klimaschutz bis Wiederaufbau nach der Pandemie gemeinsam handelt, können wir die Zukunftserwartungen der jungen Generation erfüllen und im heranziehenden Wettbewerb der Systeme bestehen.“
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