In der Frage, wie die Stadt Salzburg mit NS-belasteten Straßennamen umgehen soll, hat Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) eine politische Mehrheit gegen auch nur eine einzige Straßenumbenennung beisammen. Medienberichten zufolge soll es zudem nur in vier Fällen Zusatztafeln mit Erläuterungen am Straßennamenschild geben. Die Kritik folgte postwendend: Der Stadtchef ignoriere damit einen Beschluss, dem er selbst zugestimmt habe, sagt die SPÖ.
Das Vorgehen Preuners und der Volkspartei wird von FPÖ, NEOS und der Ein-Personen-Liste SALZ gedeckt. Gemeinsam vereinen die Parteien 22 der 40 Stimmen im Gemeinderat der Stadt auf sich. Nach drei Jahren Arbeit war Anfang Juni der 1.100 Seiten umfassenden Abschlussbericht eines Historiker-Fachbeirats präsentiert worden. Die Kommission hat die Rollen von 66 „braunen“ Straßennamenspaten penibel aufgearbeitet und in drei Klassen eingeteilt - je nachdem, wie stark diese mit dem NS-Regime verstrickt waren. Bei 13 Personen („Kategorie 3“) waren die Verbindungen zu den Nationalsozialisten so gravierend, dass „Diskussions- und Handlungsbedarf“ für die politischen Entscheidungsträger bestehe, befand der Beirat.
Geklärt werden solle, ob mit einer Erläuterungstafel, dem ausführlichen Eintrag im digitalen Stadtplan und der biografischen Darstellung auf der NS-Homepage der Stadt das Auslangen gefunden wird oder eine Umbenennung in Erwägung gezogen werden soll. Zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema kam es aber nicht. Preuner hat von Anfang an klar gemacht, keine Straßen umbenennen zu wollen. Er beauftragte vielmehr den Geschichtswissenschaftler Robert Kriechbaumer - dieser war nicht Teil der neunköpfigen Historikerkommission - damit, über den Sommer eine Empfehlung abzugeben.
Diese dreiseitige Stellungnahme liegt nun vor. Darin zieht der emeritierte Universitätsprofessor eine Umbenennung oder zumindest eine Anbringung von Zusatztafeln bei vier Personen in Erwägung: Kuno Brandauer, Heinrich Damisch, Gustav Resatz und Josef Thorak. „Kriechbaumer hat unter anderem beurteilt, ob die Personen nach 1945 ihren Irrtum oder ihre Verführung eingesehen haben oder dem nationalsozialistischen Gedankengut verhaftet geblieben sind“, sagte Preuner gegenüber der APA.
Der Historiker empfahl auch, bei den übrigen Schildern der Straßennamen QR-Codes zur Information auf der entsprechenden Website der Stadt Salzburg und der dort gegebenen ausführlichen Erläuterungen anzubringen. Zugleich griff er in seiner Stellungnahme potenzieller Kritik an seiner Entscheidung vor: Nachgeborene Historiker würden sich auf ein schwieriges und gefährliches Terrain begeben, da sie Gefahr laufen, die simultane Rolle des Wissenschafters und des Richters zu übernehmen. Kriechbaumer war zuletzt von Zeithistorikern der Universität Salzburg scharf kritisiert worden, weil er etwa die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus in einem Interview eine lähmende „Diktatur des Betroffenheitskults“ nannte.
Zur APA sagte Bürgermeister Preuner am Donnerstag, dass er weiterhin keine Umbenennungen in Erwägung ziehe. „Ich halte nichts davon, Namen aus der Geschichte zu streichen. Das Wissen, dass es in dieser Zeit auch Personen gegeben hat, die das Regime massiv befürwortet haben und sich auch später nicht geläutert gezeigt haben, ist für nachfolgende Generationen wichtig.“ Er halte darum die Anbringung der vier Zusatztafeln für sinnvoll.
Der Historiker-Fachbeirat hat übrigens die Anbringung von Erläuterungstafeln klar auch für Straßennamen mit Paten der weniger belasteten „Kategorie 2“ empfohlen, die 29 Personen umfasst. Dazu habe es bereits einmal einen Beschluss gegeben, ärgerte sich etwa Vizebürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ). „Damals wurde auch mit der Stimme von Preuner beschlossen, dass die Stadt schon ab Kategorie 2 Erläuterungstafeln bei Straßen anbringen will. Jetzt haben wir noch höher belastete Straßen und bringen keine an? Das ist fast peinlich“.
Preuner sagte dazu lediglich, der Beschluss von damals sei ihm egal. Dieser könne natürlich revidiert werden, wenn sich dafür Mehrheiten finden. Der entsprechende Amtsbericht zu den Straßennamen - er fällt in die Ressortzuständigkeit von Auinger - soll nun bis Herbst erstellt werden. Der Vizebürgermeister betonte, zumindest für die 13 schweren Fälle eine Zusatztafel einfordern zu wollen. Nachtrag: „Der Bürgermeister wird dann aber wohl einen Gegenantrag stellen.“
Unter den 13 stark belasteten Namenspaten finden sich auch sehr prominente Namen: etwa der des Dirigenten Herbert von Karajan, des Automobilkonstrukteurs Ferdinand Porsche oder des Gründers des Salzburger Adventsingens, Tobias Reiser.
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