In das umstrittene Asylheim in Steinhaus am Semmering in der Steiermark sind am Dienstag nach einigen Jahren Leerstand wieder Flüchtlinge eingezogen. Die „Krone“ war vor Ort und hat sich umgehört. Viele Bewohner des kleinen Orts sind verunsichert.
Dienstagvormittag in Steinhaus am Semmering: Ein fast unbesetzter Linienbus rollt durch den Ort, ein älterer Herr sitzt alleine mit seinem Kaffee vor dem Wirtshaus, außer Vogelgezwitscher ist nicht viel zu hören: Im 600-Seelen-Ort, der zur Gemeinde Spital am Semmering gehört, ticken die Uhren noch etwas langsamer, es lebt sich ruhig und gemütlich hier.
Doch Ende 2014 brachte die Eröffnung einer Asylunterkunft im alten „Haus Semmering“ die Idylle ins Wanken: Plötzlich lebten bis zu 200 Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und anderen Nationen im kleinen Dorf. Nach dem Abebben der großen „Flüchtlingswelle“ stand das Haus dann einige Jahre leer.
Corona-Lage als Grund
Letzte Woche war bekannt geworden, dass das Innenministerium das Asylheim wieder in Betrieb nehmen wird - wir haben berichtet. Am Dienstag sind dann die ersten 30 Flüchtlinge, „besonders schutzbedürftige minderjährige Personen“, wieder eingezogen, wie das Ministerium der „Krone“ bestätigt. Grund sei, dass man die Belegung wegen der Corona-Lage in anderen Unterkünften reduzieren müsse.
„Schon etwas unheimlich“
Im Ort sorgt das natürlich für Gesprächsstoff, viele Einheimische sind verunsichert. Sie wurden nicht informiert, haben nur aus der Zeitung von der Wiedereröffnung des Flüchtlingsheims erfahren. „Ob es uns recht ist oder nicht, die kommen sowieso wieder“, sagt eine Verkäuferin im kleinen Spar-Markt im Ortszentrum.
„Es war in den letzten Jahren schon immer etwas unheimlich, wenn die Burschen in Gruppen durch den Ort spaziert sind“, sagt ihre Kollegin, und eine Kundin an der Wursttheke ergänzt kopfschüttelnd: „Jetzt kannst wieder kein Radl und nichts draußen stehen lassen.“
Ich persönlich habe keine schlechten Erfahrungen mit den Flüchtlingen gemacht. Aber die Leute sind halt verunsichert, weil wahrscheinlich wieder mehr als nur 30 Leute kommen werden.
Klaudia Riess, Wirtin in Steinhaus
„Die Leute sind halt verunsichert“
Einige Meter weiter steht Klaudia Riess vor ihrem Gasthaus, das seit 300 Jahren in Familienbesitz ist. „Ich persönlich habe keine schlechten Erfahrungen mit den Flüchtlingen gemacht“, beschwichtigt die Wirtin und setzt nach: „Aber die Leute sind halt verunsichert, weil wahrscheinlich wieder mehr als nur 30 Leute kommen werden.“ Der kaffeetrinkende Herr am Stehtisch schweigt zu dem Thema lieber und schüttelt nur schmunzelnd den Kopf.
Flüchtlingsheim statt Ferienanlage
Wir verlassen den Ortskern und fahren rauf zum Asylheim, das etwas abgeschieden und umgeben von Wald auf einem Hügel liegt. Ein schönes Plätzchen, wo in den 60er-Jahren der Gewerkschaftsbund das „Haus Semmering“ gebaut hat. Später wurde es verkauft und als Hotel genutzt, bis es vom Bund gepachtet und zum Asylheim wurde.
Es wurde uns nur gesagt, dass vorerst 30 junge Flüchtlinge kommen, angeblich auch Frauen und Kinder. Mehr wissen wir nicht.
Vizebürgermeisterin Maria Fischer (SPÖ)
Am Dienstagvormittag parken Lieferwagen vor dem Haus, es wird geräumt und gewerkt. Flüchtlinge sind bei unserem Besuch noch keine vor Ort, sie dürften später gekommen sein. Ohne Anmeldung beim Innenministerium sei unser Besuch ohnehin nicht erwünscht, ins Heim dürfen wir nicht ...
Kaum Informationen vom Ministerium
Was die Gemeindechefs besonders stört, ist, dass sie vom Innenministerium kaum Informationen bekommen haben, lediglich einen Telefonanruf habe es gegeben. „Es wurde uns nur gesagt, dass vorerst 30 junge Flüchtlinge kommen, angeblich auch Frauen und Kinder. Mehr wissen wir nicht“, sagt Vizebürgermeisterin Maria Fischer (SPÖ). „In der Bevölkerung ist natürlich Verunsicherung da.“ Ab jetzt werde zumindest wieder die Polizei verstärkt Präsenz in Steinhaus zeigen.
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