Nachdem am Freitagabend das Einvernahmeprotokoll von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) rund um seine mögliche Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss bekannt geworden war, reagierten am Samstag die beiden Oppositionsparteien SPÖ und NEOS auf die Beschuldigtenvernehmung des Kanzlers. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch will anhand des Protokolls erkannt haben, dass Kurz „das Wasser bis zum Hals stehen dürfte“.
Für Deutsch gehe aus dem Protokoll hervor, dass Kurz eine Falschaussage vor dem Parlament „noch immer als Kavaliersdelikt“ betrachte.
„Das funktioniert nicht so gut zwischen uns“
Der Kanzler sagte während seiner Einvernahme zum anwesenden Staatsanwalt (die Einvernahme erfolgte durch einen Richter): „Ich würde jetzt gern wirklich einen Punkt machen. Das funktioniert nicht so gut zwischen uns.“ Dazu meinte Deutsch: „Da hat noch gefehlt, dass er die Einvernahme mit den Worten abbricht, er müsse jetzt zu Joe Biden.“
So hatte Kurz im „Krone“-Interview mit Kurt Seinitz auf die abschließende Frage geantwortet, ob die Affäre „wie ein Damoklesschwert“ über ihm hänge.
Ich lasse mich nicht von der Arbeit abhalten. Entschuldigen Sie mich jetzt, ich muss zu US-Präsident Joe Biden …
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
Kanzler Kurz: „Die Vorwürfe sind falsch“
Kurz hatte während seiner Befragung, die bereits am 3. September stattfand, angegeben, dass alle Vorwürfe gegen ihn falsch seien. Zur „Krone“ sagte er: „Die Vorwürfe sind falsch. Ich hatte endlich Gelegenheit, die Anschuldigungen zu entkräften, die aus semantischen Konstruktionen bestehen.“
FPÖ: „Sittenbild einer türkisen ,Familie‘“
Mit Kopfschütteln reagierte der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Christian Hafenecker. „Hier zeigt sich einmal mehr das Sittenbild einer durch und durch verlotterten türkisen ‚Familie‘.“ Die Chatprotokolle würden das genaue Gegenteil von Kurz‘ Aussagen im U-Ausschuss beweisen. „Er soll endlich die Konsequenzen ziehen und zugeben, dass er das Parlament belogen hat“, forderte Hafenecker den ÖVP-Obmann auf.
SPÖ: Einvernahme „katastrophal verlaufen“
Für Deutsch ist die Einvernahme des Bundeskanzlers „katastrophal verlaufen“: „Der beschuldigte Kanzler war bei der richterlichen Einvernahme im Wiener Landesgericht für Strafsachen sehr emotional und aggressiv gegen den Richter und den anwesenden Staatsanwalt. Dass er sogar bei seiner eigenen Einvernahme Attacken auf die Justiz reitet, zeigt die hohe Nervosität des Beschuldigten“, so der SPÖ-Bundesgeschäftsführer.
NEOS: Kanzler soll „nicht weiter auf Zeit spielen“
Laut NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos zeige die Beschuldigtenvernehmung „einmal mehr Kurz’ fehlenden Respekt vor den Institutionen, aber keinen Willen zur Aufklärung“. Als Kanzler sei Kurz nun dringend gefordert, „nicht noch weiter auf Zeit zu spielen“. „Den ermittelnden Staatsanwalt respektlos zu behandeln und seine Fragen nicht zu beantworten, trägt nicht zur raschen Aufklärung bei.“
Hoyos forderte Kurz dazu auf, „endlich sein Versprechen einzulösen“ und zur Aufklärung rund um den Verdacht zur Falschaussage bezüglich der Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Vorstand beizutragen.
Für ÖVP-Mandatar Andreas Hanger ist unterdessen klar, dass Kurz „alle falschen Vorwürfe der WKStA entkräften“ konnte. Gleichzeitig zeige sich für ihn einmal mehr, „dass die WKStA in ihren Ermittlungen leider parteiisch agiert und ihrer Verpflichtung zur Objektivität nicht nachkommt“.
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