CO2-Preis zu niedrig

Steuerreform: Klimaschützer sehen „Versagen“

Politik
03.10.2021 16:13

Noch während die Regierung am Sonntag die Eckpunkte der Steuerreform präsentierte, hagelte es Kritik von Umwelt- und Klimaschutzorganisationen. Denn der Preis von 30 Euro pro Tonne CO2 sei ein „Dumpingpreis“, meinte etwa Katharina Rogenhofer, Sprecherin des Klimavolksbegehrens. Auch der WWF nannte die Reform einen „schwachen Kompromiss“ und kritisierte den erneut verschobenen Abbau umweltschädlicher Subventionen. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac nannte das Paket „ein Riesengeschenk für Besserverdienende, Konzerne und Vermögende“. 

„Die türkis-grüne Regierung hat mit ihrem viel zitierten Prestigeprojekt eine Greenwashing-Meisterleistung geliefert. Ein Dumpingpreis für die Natur wird von der Regierungsspitze heute als zukunftsweisende Großmaßnahme verkauft - das ist eine herbe Enttäuschung für die Unterzeichner und Aktivisten des Klimavolksbegehrens“, so Rogenhofer. Der Preis von 30 Euro pro verbrauchter Tonne CO2 entspräche nicht annähernd der Forderung von Wissenschaft und Umweltorganisationen.

„Regierung versagt bei Steuerreform auf ganzer Linie“
„Ein Einstiegspreis von mindestens 50 Euro pro Tonne und ein rascher Anstieg auf über 100 Euro wäre das Minimum eines wirksamen Beitrags zum Klimaschutz gewesen“, ist die Sprecherin des Klimavolksbegehrens überzeugt und ortet „ein Versagen der Regierung auf ganzer Linie“. Mit dem Paket sei die Chance für einen echten Kurswechsel in der Klimapolitik vergeben worden.

„Politik befeuert Klimakrise“
Ähnlich kritische Worte kamen auch von WWF und Greenpeace. „Derzeit befeuert die Politik sowohl die Klimakrise als auch den Bodenverbrauch mit falsch ausgerichteten Subventionen in Milliardenhöhe. Es ist geradezu fahrlässig, dass dieses System weiter konserviert wird“, sagt WWF-Programmleiterin Hanna Simons in Bezug auf den erneut verschobenen Abbau umweltschädlicher Subventionen.

Greenpeace ortet einen viel zu niedrigen CO2-Preis ohne Lenkungseffekt und fordert ebenfalls das Ende klimaschädlicher Subventionen, wie etwa des Diesel-Privilegs. Die Regierung habe es bei der Steuerreform verabsäumt, Österreich auf Klimakurs zu bringen. „Es ist ein Armutszeugnis, dass es Österreich nicht gelingt, ein deutlich klimafreundlicheres Modell vorzulegen als etwa das konservative Deutschland“, so Greenpeace.

Auch Autofahrerclubs nicht vollends zufrieden
Auch dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) ist der CO2-Preis zu niedrig. Dies bedeute hohe Kosten für Allgemeinheit und künftige Generationen. Die Klimaschäden durch 1000 Kilogramm CO2 betragen laut Umweltbundesamt 201 Euro, erinnerte der VCÖ. Der ÖAMTC sprach von „Licht und Schatten“. Positiv sei, dass jene, die auf das Auto angewiesen sind, eine stärkere Entlastung bekommen. Mit dem regionalen Klima-Bonus würden wichtige Entlastungsschritte vor allem für die Bevölkerung im ländlichen Raum gesetzt.

Für Global 2000 ist der Einstieg in die CO2-Bepreisung in Österreich gut, aber zu zögerlich. Der Rechnungshof habe bereits gewarnt, dass Österreich bis zu neun Milliarden Euro an Kompensationszahlungen leisten müsse, wenn die Klimaziele verfehlt werden.

SPÖ: „Steuerreform weder sozial noch ökologisch“
Die SPÖ kritisierte neben der CO2-Bepreisung auch andere Eckpunkte: „Die Tarifsenkung gleicht gerade einmal die kalte Progression für zwei Jahre aus. Das heißt, die ArbeitnehmerInnen zahlen sich das selber. Auf der anderen Seite bekommen die größten Konzerne das größte Stück vom Kuchen. Was soll daran sozial sein?“, fragte SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer via Aussendung. Auch die Senkung der Lohnnebenkosten habe einen Preis, sagt Krainer. „Die Rechnung zahlen Arbeitnehmer und Pensionisten in Form von Leistungskürzungen und Sozialabbau.“ 

(Bild: APA/Barbara Gindl)
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Die Konzerne und die Bauern können sich auf den Schutz des Spendenkanzlers verlassen. Warum die Grünen dabei mitmachen, ist freilich ein Rätsel.

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer übt heftige Kritik an der Steuerreform.

Beim Familienbonus schlage der grundsätzliche Konstruktionsfehler immer stärker durch, erläutert Krainer. Denn für Kinder von einkommensarmen Eltern gibt es gar keinen oder nur einen geringen Bonus. 181.000 Kinder würden dadurch lediglich den reduzierten Kindermehrbetrag erhalten, weitere 166.000 Kinder hätten überhaupt keine Ansprüche. „Die Erhöhung des Familienbonus wird überhaupt nur jenen zugutekommen, die weit überdurchschnittlich verdienen“, so Krainer.

FPÖ ortet „Mogelpackung“
Die FPÖ ortet eine „Mogelpackung“ im neuen Steuerpaket: „Wir müssen davon ausgehen, dass die türkis-grüne Bundesregierung ein Strafpaket für die österreichischen Steuerzahler geschnürt hat. Denn die Mehrkosten, welche ab 2022 für das Autofahren und Heizen mit einer CO2-Steuer von unseren Bürgern zu bezahlen sind, werden mit dem angekündigten ‚Regionalen Klimabonus‘ mit Sicherheit nicht abgedeckt werden“, meinte Parteichef Herbert Kickl in einer Mitteilung: „Die ganze Welt rüstet mit Kohlekraftwerken zur Energieversorgung auf und in Österreich werden die Bürger unter dem Vorwand ‚Klimaschutz‘ zur Kasse gebeten.“

Zufrieden zeigten sich die ÖVP-nahe Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer. „Nach langen und harten Verhandlungen hat sich am Ende ein vernünftiges Paket für die Stärkung des heimischen Wirtschaftsstandorts durchgesetzt“, so Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer. Der Wirtschaftsbund sprach von einem „fairen Mix für einen starken Standort“ sowie einer „Entlastung der Betriebe und Klimaschutz mit Hausverstand“. Die Industriellenvereinigung betonte, es seien „notwendige Schritte in Richtung Entlastung“ gesetzt worden.

„Riesengeschenk an Konzerne und Vermögende“
Die umfassendste Kritik kam vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac, welches die türkis-grüne Steuerreform als „Riesengeschenk für Besserverdienende, Konzerne und Vermögende“ bezeichnete. „Die stufenweise Senkung der Körperschaftsteuer kostet die Allgemeinheit rund 800 Millionen Euro, Hauptprofiteure davon sind große Konzerne. Obwohl sich weltweit die Einsicht durchsetzt, dass das internationale Dumping bei den Konzernsteuern endlich aufhören muss, läutet die Regierung die nächste Runde im Steuerwettlauf nach unten ein“, kritisierte Sprecher David Walch. Die Erhöhung des Familienbonus und die Senkung der mittleren Tarifstufen bei der Einkommenssteuer würden vor allem Besserverdienenden nützen.

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