Im Zwist mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) scheint die ÖVP auf das Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ zu setzen. Nach dem skurrilen Auftritt der stellvertretenden Generalsekretärin Gabriela Schwarz vergangene Woche, wo sie Gerüchte über Hausdurchsuchungen breittrat, legte am Dienstag der Nationalratsabgeordnete Andreas Hanger nach. Er prangerte „linke Zellen“ in der WKStA an, die versuchen würden, politisch motivierte Hausdurchsuchungen durchzusetzen. „Diese Gerüchte verdichten sich immer mehr“, so Hanger. Bei einer Pressekonferenz wärmte er Vorwürfe auf, die er bereits Anfang Juni vorgetragen hatte.
Er warf der Staatsanwaltschaft vor, parteiisch zu agieren und mit zweierlei Maß zu messen. Als Beispiel dafür nannte er eine „offensichtliche Falschaussage“ des ehemaligen Wiener Bürgermeisters Michael Häupl (SPÖ), die dieser im U-Ausschuss zum Krankenhaus Nord im Jahr 2019 getätigt habe: Dieser habe zu einem Telefongespräch mit der damaligen Stadträtin Sonja Wehsely über eine mögliche Bauzeitverlängerung zunächst ausgesagt, dass er diese Frage nicht beantworte. Auf einen entsprechenden Hinweis der Vorsitzenden habe Häupl dann erklärt, dass er sich nicht erinnern könne. Für Hanger hat Häupl damit „klar und offensichtlich eine Falschaussage getätigt“.
Im Juni antwortete der ÖVP-Abgeordnete auf die Frage, ob er eine Anzeige einbringen werde, dass es sich dabei um ein Offizialdelikt handle und er sich von der Staatsanwaltschaft erwarte, dass diese von sich aus tätig werde. Das Justizministerium konterte, dass Häupls damalige Aussage und die „Wahrnehmungen“, warum es sich um eine Falschaussage handeln solle, der WKStA nicht zur Kenntnis gebracht worden seien - im Gegensatz zur Aussage von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor dem Ibiza-U-Ausschuss.
Hanger: „WKStA misst mit zweierlei Maß“
Bei dessen „etwaiger Falschaussage“ werde umfassend ermittelt, bei Häupl gar nicht: Dabei werde „mit zweierlei Maß gemessen“, wiederholte Hanger seinen Vorwurf. Genauso habe es umfassende Ermittlungen gegen Kurz gegeben, weil bei Novomatic-Eigentümer ein Kalendereintrag mit „Kurz“ gefunden worden sei. „Erst nach Monaten hat sich herausgestellt, dass das ein Treffen war mit Martina Kurz, einer Verwandten. Hier wurde schleißig ermittelt“, kritisierte der ÖVP-Abgeordnete.
Hanger suchte die Schuld für öffentlich gemachte Akten erneut bei der WKStA: „Bei den Ermittlungen muss jemand Interesse haben, dass Akten nach draußen gespielt werden.“ Man sei „offenbar nicht in der Lage, das so zu organisieren, dass das geheim bleibt“, kritisierte Hanger die Staatsanwälte scharf. Ein durchsichtiger Vorwurf, denn mit der Materie vertraute Personen sind sich einig darüber, wie die Akten an die Öffentlichkeit gelangen: Dutzende Beschuldigte und deren Anwälte haben Einsicht in den umfangreichen Casinos-Akt, in dem verschiedene Verfahrensstränge zusammenlaufen. Die Betroffenen verfolgen ihre eigenen Interessen, dadurch gelangen leicht Informationen an die Medien.
Hanger hielt trotz allem fest, dass es in Österreich ein „hervorragendes Justizsystem“ gebe, aber einige parteipolitisch agieren würden.
SPÖ: „Angriffe werden immer verzweifelter“
Kritik an den Angriffen Hangers kam umgehend von der SPÖ. „Die ÖVP-Angriffe gegen die Justiz werden immer verzweifelter“, stellte Justizsprecherin Selma Yildirim in einer Aussendung fest. Die ÖVP versuche, eine eventuell kommende Hausdurchsuchung kleinzureden und greife dabei die gesamte Justiz an.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.