Regierungskrise

Die Wege für die Reise ins Ungewisse

Politik
08.10.2021 23:45

Volatile Zeiten in Österreich: Was passiert mit der Koalition? Was kommt nach einem Misstrauensantrag? Und wie wahrscheinlich sind Neuwahlen? Eine Suche nach Antworten.

Die Regisseure von „House of Cards“ dürften schön schauen, wenn sie den realen Stoff Made in Austria verfolgen. Intrigen, Ränkeschmiede überall. Es wird konspiriert. Taktiert. Ein echter Politthriller. Was passiert mit dem Regierungschef? Wer lenkt künftig die Geschicke der verunsicherten Republik? Und welche Optionen tun sich auf?

1. Am Dienstag dürfte es, so nicht vorher anderes eintritt, einen Misstrauensantrag der Opposition geben. Wie läuft das ab?
Man braucht die einfache Mehrheit bei Anwesenheit von mindestens 50 Prozent der Abgeordneten (also 92).

2. Was passiert danach? 
Dann tritt der Herr Bundespräsident in Aktion. Er müsste Sebastian Kurz seines Amtes entheben (wäre übrigens schon zum zweiten Mal – eine reife Leistung). Im Falle des Bundeskanzlers bedarf es jedoch jemanden, der die Amtsgeschäfte temporär übernimmt, erklärt Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik.

3. Auch eine Konzentrationsregierung wäre möglich. Was ist das?
Es ist nichts anderes als eine Koalition aus allen Parteien. Das würde auch die ÖVP einschließen. Das gab es 1945 bis ‘47 im Bund mit ÖVP-SPÖ-KPÖ, so Ennser-Jedenastik. Formal sind auch diverse Landesregierungen mit Proporzsystemen wie in Oberösterreich Konzentrationsregierungen.

4. Wie werden dort Kanzler- und Ministerämter verteilt?
So wie sonst auch: Man muss es einfach ausverhandeln. Was in dieser Konstellation freilich schwierig werden könnte, angesichts der Verschiedenartigkeit der Parteien. Generell gilt die Mandatsstärke.

5. Wann kommt es zu einer Expertenregierung?
Experte Ennser-Jedenastik: „Das ist nicht wirklich ein Fachbegriff, der eine spezifische Bedeutung hat. Gemeint ist damit wohl, dass die Personen in der Regierung nicht vordergründig eine Parteizugehörigkeit haben, sondern aufgrund ihrer Expertise im Amt sind.“ Die Voraussetzungen sind wie gehabt: Der Bundespräsident muss ernennen und angeloben. Und der Nationalrat darf nicht sofort das Misstrauen aussprechen – dann kann das eine Zeit lang gutgehen (siehe Bierlein).

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Jede Lösung, die man jetzt findet, ist keine dauerhafte. Ich vermute, dass wir spätestens 2022 neu wählen, wenn die ÖVP an Kurz festhält.

Politikwissenschafter Laurenz Ennser-Jedenastik

6. Wie läuft ein fliegender Regierungswechsel ab?
Recht simpel: Neue Ministerinnen und Minister werden ernannt/angelobt, die alten treten ab bzw. werden durch den Präsidenten oder den Nationalrat entlassen. „In Österreich sind wir gewohnt, dass Regierungen immer nur nach Wahlen wechseln, aber das ist nicht zwingend. Gewählt wird der Nationalrat, die Regierung ist eine völlig andere Geschichte“, sagt der Politikexperte.

7. In welchen Zeiträumen passiert das alles?
Nach einem Misstrauensantrag am Dienstag (dem die Grünen Stand Freitagabend zustimmen werden) bleibt nicht sehr viel Zeit, um eine Übergangsvariante zu präsentieren. Vielleicht einige Tage.

8. Wie und wann können Neuwahlen kommen?
Jede Lösung, die man jetzt findet, ist keine dauerhafte, sagt Ennser-Jedenastik. „Vielleicht schafft man eine Variante, die das Budget beschließt und die Pandemiebekämpfung noch ein Jahr über die Bühne bringt. Aber ich vermute, dass wir spätestens 2022 neu wählen, wenn die ÖVP an Kurz festhält.“

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