Um auszuloten, wie es in der aktuellen Regierungskrise weitergehen soll, treffen sich am Samstagnachmittag SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und FPÖ-Chef Herbert Kickl zum Gespräch. Entsprechende Meldungen wurden aus beiden Parteien bestätigt. Details wurden nicht bekannt gegeben, da der Termin nicht medienöffentlich sei. Die SPÖ-Chefin hatte zuletzt eine Zusammenarbeit mit den Blauen nicht ausgeschlossen - eine solche war für die Roten bisher praktisch undenkbar.
Es gebe über das Wochenende viele Gespräche, unter anderem auch mit der FPÖ, hieß es aus der SPÖ. Am Freitag hatte Rendi-Wagner bereits NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger getroffen. Freitagabend hatte die SPÖ-Chefin in der ORF-„ZiB 2“ gemeint, auch als Bundeskanzlerin zur Verfügung zu stehen, sollte sie dadurch einen Beitrag zu mehr Stabilität im Land leisten können. Eine für sie unwahrscheinliche, aber dennoch mögliche Zusammenarbeit mit der FPÖ - eine in der SPÖ bisher eher undenkbare Variante - rechtfertigte sie mit der derzeitigen außergewöhnliche Situation. Rendi-Wagner geht nicht davon aus, dass etwa Coronamaßnahmen-Kritiker und FPÖ-Chef Herbert Kickl Gesundheitsminister einer solchen Regierung sein würde.
Volkspartei sieht rot-blaues Gespenst
Die ÖVP griff die Aussagen der SPÖ-Obfrau jedenfalls gerne auf und sah Samstagvormittag angesichts des drohenden Endes der türkis-grünen Koalition ein rot-blaues Gespenst. Rendi-Wagner sei als künftige Kanzlerin „ein absolutes No-Go“, warnte ÖVP-Klubobmann August Wöginger in einer Aussendung. „Grüne und SPÖ steuern mit ihren Volten geradewegs ins Chaos und verkaufen ihre eigene Seele und das Land für einen Pakt mit Herbert Kickl“, konstatierte auch Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) - ehemals Teil einer türkis-blauen Koalition mit Kickl als Innenminister. Der Noch-Koalitionspartner der ÖVP verursache mit seinem Verhalten „bewusst Chaostage“ und gefährde die politische Stabilität des Landes, meinte Köstinger.
Explizit vor einer möglichen Kanzlerin Rendi-Wagner warnte Wöginger. Die SPÖ-Vorsitzende sei sogar in ihrer eigenen Partei „völlig umstritten“, befand der türkise Klubobmann. Darüber hinaus habe sie in den vergangenen Monaten immer wieder bewiesen, „dass für sie lediglich parteitaktische Interessen an erster Stelle stehen“.
Deutsch: „Türkis nimmt Österreich in Geiselhaft“
Die SPÖ konterte umgehend und schickte dazu Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch aus: „Der türkise Machtzirkel leidet an Realitätsverweigerung, wenn er glaubt, einfach weitermachen zu können wie bisher“, meinte Deutsch in einer Aussendung. „Türkis bunkert sich ein und nimmt die eigene Partei und ganz Österreich in Geiselhaft“, kritisierte er. „Kurz, Köstinger, Wöginger und Co. stehen für den moralischen Verfall der türkisen ÖVP, für die Anstand, Respekt und Verantwortung seit langem nur mehr Fremdworte sind.“ Kurz müsse sofort zurücktreten. Die „vernünftigen Kräfte in der ÖVP“ sollten sich „von diesem mutmaßlich korrupten System Kurz lösen“.
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