Der jüngste Wahlsieg in Graz ist der bislang größte politische Erfolg der Kommunisten hierzulande. Die Geschichte der KPÖ ist jedoch geprägt von vielen Höhen und Tiefen.
Bereits zwei Jahre bevor Karl Marx und Friedrich Engels das „Manifest der Kommunistischen Partei“ verfassten, herrschte in der Steiermark Alarmstufe Rot: Anno 1846 legten sich die Behörden auf die Lauer nach einem Handwerksgesellen, der sich womöglich von Wien nach Ungarn absetzen wollte. Der böse Verdacht der Obrigkeit: Der Bursche könnte hierzulande kommunistische Schriften verbreiten.
Das K.-u.-k.-Kreisamt in Graz forderte deshalb alle Bezirksobrigkeiten auf, den Aufenthalt des Schneidergesellen „auszuforschen“, eine „sorgfältige Visitation“ seiner Texte vorzunehmen und ihn unter „strenger polizeilicher Aufsicht“ zu halten.
Aus der rot-weiß-roten Fahne wurde eine rote
Sieben Jahrzehnte später wurde die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) aus der Taufe gehoben - und zählt somit zu den ältesten dunkelroten Parteien der Welt. Die erste aufsehenerregende Aktion setzten die Kommunisten bei der Ausrufung der Republik am 12. November 1918. Sie holten die neue rot-weiß-rote Flagge von der Fahnenstange vor dem Parlament, schnitten den weißen Streifen heraus und hissten mit den beiden anderen verknoteten Teilen eine rote Fahne.
1933 wurde die Partei verboten, wirkte aber im Untergrund weiter. Während des Nazi-Regimes leisteten die Kommunisten auch in der Steiermark Widerstand.
1945, in der Nacht von 8. auf den 9. Mai, wurden die Befürchtungen vieler Grazer Realität: Die Landeshauptstadt wurde der Roten Armee übergeben, die Hoffnung der Bevölkerung, unter britische Besatzung zu kommen, war vergebens. „Die Zeit der Besatzung war kurz, aber prägend“, erklärt die Grazer Historikerin Barbara Stelzl-Marx, die sich als Leiterin des Ludwig-Boltzmann-Instituts mit Kriegsfolgenforschung beschäftigt. Die Geschehnisse in den zehn Wochen, bevor die Briten die Steiermark „übernahmen“, wirkten sich auch auf die ersten Landtagswahlen nach dem Krieg aus: Die KPÖ erreichte nur rund fünf Prozent der Stimmen.
„Man hat viel schlechter abgeschnitten, als Josef Stalin sich das erhofft hatte“, sagt Stelzl-Marx. Das hatte, so die Uni-Graz-Professorin, mehrere Gründe. Zum einen wirkte die NS-Propaganda nach, zum anderen gab es anti-slawische Ressentiments - und die Bevölkerung hatte Vergewaltigungen und Plünderungen durch die Rote Armee nicht vergessen. Die KPÖ konnte in unserem Bundesland nicht wirklich Fuß fassen.
Erst durch Kaltenegger fasste die KPÖ Fuß
Das sollte sich jedoch mit dem Erscheinen der dunkelroten Lichtgestalt Ernest Kaltenegger am politischen Parkett grundlegend ändern: Der gebürtige Obdacher war zuerst Obmann der Sozialistischen Jugend in seinem Heimatort, bevor er zu den Kommunisten wechselte. „Als Wohnbaustadtrat in Graz war er sehr authentisch“, sagt Stelzl-Marx.
Und so schaffte die KPÖ unter seiner Führung im Jahr 2005 auch wieder den Einzug in den steirischen Landtag. Nun könnten die Kommunisten mit Elke Kahr an der Spitze sogar den Bürgermeistersessel der Landeshauptstadt erobern.
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