In der Corona-Krise starben in steirischen Pflegeheimen 1155 Bewohner mehr als im Durchschnitt. Experten empfehlen jetzt bei Kontrollen und Krisenmanagement nachzujustieren. Konzept für akuten Personalmangel lässt weiter auf sich warten.
Das Thema Pflege lässt in der Steiermark weiter die Wogen hochgehen - Pfleger werfen reihenweise das Handtuch, fast ein Fünftel der Heimbetten im Land können nicht belegt werden. Am Freitag lud Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) eine Expertenschar zu einem Pflegegipfel - ein großer Wurf, der das Problem löst, kam dabei aber nicht heraus.
Vielmehr beschäftigte man sich mit der Aufarbeitung von heiklen Angelegenheiten in der Corona-Pandemie: Warum hatten steirische Heime die höchste Übersterblichkeit - und was ist im Mürztaler Pflegeheim Tannenhof schiefgelaufen, wo die Situation komplett aus dem Ruder gelaufen war und das Bundesheer einspringen musste?
Mehr Todesfälle in großen Heimen
„Wir hatten im Jahr 2020 in Pflegeheimen eine Übersterblichkeit, das kann ganz offen gesagt werden“, so die Gesundheitslandesrätin. Aus der jetzt vorgestellten Studie dazu geht hervor, dass im vergangenen Jahr 4890 Menschen in steirischen Pflegeheimen verstorben sind - das sind um 1155 mehr als im Durchschnitt der letzten Jahre!
Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Bezirken: Trauriger Spitzenreiter ist Murau, mit einer Übersterblichkeit von 152 pro 1000 Bewohnern. Am glimpflichsten davon kamen Heime im Bezirk Voitsberg (29 pro 100 Bewohner). Auf die Ursachen lassen die nüchternen Zahlen kaum Rückschlüsse zu. Fest steht aber, dass es in größeren Heimen vermehrt zu Todesfällen kam. Unterschiede zwischen öffentlich und privat geführten Pflegeeinrichtungen konnten hingegen nicht festgestellt werden.
Tannenhof: Heim-Arzt fiel selbst tagelang aus
Vorgelegt wurde am Freitag auch der Untersuchungsbericht zum obersteirischen Pflegeheim Tannenhof. 18 Menschen waren dort im Herbst 2020 verstorben, ein Großteil der Bewohner und des Personals war an Covid erkrankt - das Bundesheer musste übernehmen. Fest steht für die Expertenkommission, dass „gravierende Fehler“ passiert sind. So war im Tannenhof etwa der zuständige Arzt tagelang nicht vor Ort - er war selbst ausgefallen.
Um solche Horror-Szenarien künftig zu vermeiden, empfiehlt die Kommission unter Primar Erich Schaflinger unter anderem, die ärztliche Versorgung in Krisenzeiten sicherzustellen und das auch zu kontrollieren. Bei den Kontrollen der Heime soll generell nachgeschärft werden. Künftig sollen dafür nicht mehr die regionalen Bezirkshauptmannschaften, sondern das Land zuständig sein.
Die Übersterblichkeit in der Corona-Pandemie fand in der Steiermark ganz klar in den Pflegeheimen statt.
Studienautor Wolfgang Habacher
Fakten und Empfehlungen, um aus der Krise zu lernen, liegen also am Tisch. Zum akuten Personalmangel bleibt die steirische Gesundheitslandesrätin aber vage und verweist abermals die Aufstockung der Ausbildungsplätze.
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