Opfer (21) befragt

Angreifer fühlte sich vor Attacke „intim gekränkt“

Oberösterreich
28.10.2021 07:00

Im Fall des Mordversuchs von Engerwitzdorf in Oberösterreich konnte nun das Opfer befragt werden. Die 21-Jährige wurde von ihrem psychisch kranken Freund nahezu 40-mal in den Rücken gestochen, wobei zwei Wunden bis in den Lungenraum reichten. Kränkende Worte bei einem Streit dürften den 23-Jährigen zum Ausrasten gebracht haben.

„Er bringt mich um, mit einem Fleischermesser - er ist schizophren!“, schrie Beatrice St. (21), als sie blutüberströmt in der Nacht auf Dienstag in Engerwitzdorf zu Nachbarn flüchtete. Zuvor soll ihr betrunkener Freund sie nach einem Beziehungsstreit zu Boden geprügelt, gewürgt, 30- bis 40-mal auf sie eingestochen und die Schwerverletzte ins Badezimmer gezogen haben. Während Michael R. die Wohnung im ersten Stock an mehreren Stellen mit Benzin in Brand setzte, konnte das Opfer durch ein Fenster übers Dach flüchten.

(Bild: Kerschbaummayr Werner)

Beim Sprung hinunter brach die Frau sich den Knöchel. Eine im Haus schlafende Großcousine (53) des Tatverdächtigen musste von der Feuerwehr gerettet werden. Mit ein Auslöser für den Mordversuch könnte gewesen sein, dass R. sich von der Freundin „intim gekränkt“ fühlte.

Psychiatrie-Aufenthalte
Der junge Mann litt an einer schweren Persönlichkeitsstörung und war nach mehreren Selbstmordversuchen im Linzer Neuromed Campus in Behandlung, wo er vor zwei Monaten auch seine Partnerin kennengelernt hatte. „Wir haben seine Krankenakte angefordert“, sagt Reinhard Steiner von der Staatsanwaltschaft Linz. Am Tag vor dem Ausraster soll R. mit seiner Mutter wieder in der Klinik gewesen sein, eine stationäre Aufnahme aber verweigert haben. Bei einem seiner Suizidversuche verwendete er auch ein Messer, um die Pulsader aufzuschneiden - und auch in der Tatnacht griff er dazu.

Mutter und zwei junge Geschwister nicht daheim
Dem Klinischen Psychologen Barnabas Strutz zufolge sind Brandstiftungen typisch für Soziopathen: „In diesem Fall muss sich beim Täter aber im Vorfeld extrem viel angestaut haben - das verdeutlicht auch die enorme Zahl an Stichen. Und auch, dass er das Haus der Mutter angezündet hat, die ihn doch unterstützte.“ Das Paar war erst vor zwei Wochen dort eingezogen. Davor hatte Michael R. selbstständig in einer Wohnung in Linz gelebt. Die Mutter und zwei minderjährige Geschwister waren in der Tatnacht nicht daheim.

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Ich betrachte es eher mit Sorge, wenn zwei Menschen mit instabiler Psyche eine Partnerschaft eingehen. Meist zieht man sich hinunter, statt sich zu stärken.

Barnabas Strutz, Klinischer Psychologe und Psychotherapeut

Strafrechtlich blieb R. in der Vergangenheit offenbar unauffällig. Verfahren wegen Körperverletzung 2017 sowie Drogen 2018 (es ging um Cannabis-Joints) wurden wegen Geringfügigkeit eingestellt. Und in einem weiteren Verfahren wegen Raufhandels im Mai 2020 wurde er freigesprochen.

Ermittlungen gegen Lenker
Warum sich der 23-Jährige nach dem Mordversuch in der Nacht auf den Nationalfeiertag in suizidaler Absicht ausgerechnet vor das Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr geworfen hat, gibt Rätsel auf. Für die ehrenamtlichen Einsatzkräfte - speziell für den Lenker des tonnenschweren Gefährts - war das enorm belastend. Kommandant Josef Kneidinger zog die Beteiligten nach erfolgloser Erste-Hilfe-Leistung ab.

Mit dem Kriseninterventionsteam wurde der Vorfall psychologisch aufgearbeitet. Erschwerend kommt nun hinzu, dass gegen den Lenker wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt wird. „Das ist obligatorisch“, so Staatsanwalt Steiner.

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