Heute vor 21 Jahren flog in Kindberg (Steiermark) das Auto eines Händlers in die Luft. Beziehungen mit der Ostmafia dürften dem 62-Jährigen zum Verhängnis geworden sein. Die „Krone“ hat mit Einsatzkräften von damals über diesen spektakulären Kriminalfall gesprochen.
Am 30. Oktober 2000 gegen 10.45 Uhr erreicht ein beunruhigender Anruf die Kriminalabteilung des Landes Steiermark. Ein Auto ist während der Fahrt neben dem Wachzimmer in Kindberg explodiert. Es soll einen Toten geben. Nähere Umstände sind noch unklar. Einzig die Identität des Opfers, ein Geschäftsmann aus Kindberg, scheint fix.
Rasch wird ein Ermittlungsteam unter der Leitung von Herbert Fuik zusammengestellt. Noch auf der Fahrt zum Tatort wird über die Ursache der Explosion gerätselt. „Wir konnten nichts ausschließen, auch ein Unfall beim Transport von pyrotechnischen Gegenständen stand im Raum, da das Opfer neben Spielwaren auch damit handelte“, erinnert sich Herbert Fuik.
„Der Anblick des Wracks war einfach brutal“
Eine Annahme, die sich beim Anblick des Autowracks am Tatort rasch relativiert. „Der Anblick war brutal, die Umgebung übersät von Trümmern. Der Tatort musste gesperrt werden, mögliche Folgeexplosionen konnten wir nicht ausschließen.“ Diese Aufgabe übernehmen Franz Moherndl und sein Kollege Franz Warisch, heute Leiter des Entschärfungsdienst im Innenministerium. Sie nehmen auch die ersten Zeugenaussagen auf.
„Die Befragungen ergaben, dass das Auto vom Sohn des Opfers am gleichen Parkplatz geparkt war, von dem Adolf F. losgefahren war.“ Laut Zeugen wurde das Auto plötzlich langsamer und detonierte dann wenige Meter neben dem Gendarmerieposten.
Schrecksekunde - aber keine weitere Explosion
Inzwischen treffen weitere Sprengstoffexperten aus Wien und Kärnten ein. Ein ferngesteuerter Roboter untersucht das Wrack, dann nähert sich Warisch im schweren Schutzanzug dem Auto. Als er sachte die Motorhaube öffnet, macht der Wagen einen Satz. Offensichtlich hatte die noch intakte Batterie den Starter aktiviert und das Wrack in Bewegung gesetzt. „Das bescherte mir eine Schrecksekunde, bis ich erkannte, dass keine weitere Explosion folgt“, erinnert er sich.
Der Anblick war brutal, die Umgebung übersät von Trümmern. Der Tatort musste gesperrt werden, mögliche Folgeexplosionen konnten wir nicht ausschließen.
Herbert Fuik
Zeitgleich untersucht Franz Moherndl das Auto des Sohnes. „Wir hatten einen Sprengstoffhund, der dreimal hintereinander am linken Vorderreifen angeschlagen hat.“ Auch hier wird ein Roboter eingesetzt, Sprengstoff oder Zündvorrichtung werden nicht gefunden. Jetzt muss Moherndl persönlich eine Runde mit dem Pkw fahren, um jedes Risiko auszuschließen. Eine Fahrt, die er nie vergessen wird. „Ein gutes Gefühl war es nicht, man achtet auf jedes Geräusch. Ich war froh, als ich den Wagen wieder abstellen konnte.“
Sprengsatz war unter dem Fahrersitz versteckt
Inzwischen kann auch Warisch Entwarnung geben. Im Wrack wird kein weiterer Sprengstoff gefunden. Genauso wenig wie Zünder oder verwertbare Bombenreste. Gesichert ist, dass es sich um Hexogen, einen militärischen Sprengstoff aus dem Osten, handelte, der unter dem Fahrersitz deponiert war. Die Vermutung liegt nahe, dass ein Fernzünder benutzt wurde.
Anzeige gegen Mafia wurde zum Todesurteil
Die Ermittler finden bald ein Motiv. Die Spur führt zur organisierten Kriminalität in die Slowakei. Adolf F. hatte offenbar dort über Jahre Geschäfte mit Immobilien und Autos gemacht. Die Vermittlung übernahm eine Frau, die zeitweise auch in Kindberg lebte.
Was F. nicht wusste, war, dass seine Geschäftspartner Mitglieder der Ostmafia waren. Streitigkeiten über dubiose Praktiken, die der Steirer nicht mitmachen wollte, nahmen damals zu. Sein Todesurteil dürfte dann eine Anzeige gewesen sein, die der 62-Jährige erstattete. Grund: ein von Geschäftspartnern nie zurückgezahltes 450.000-Schilling-Darlehen.
In den Fokus geraten schließlich der Ukrainer Alexander S., Ehemann der Vermittlerin, als Auftragstäter, und Richard M. als der Mann, der die Bombe im Auto deponiert haben soll. Ein Zeit-Weg-Diagramm belegt, dass M. einige Tage zuvor und auch am Tag der Explosion in Kindberg war.
Ab diesem Zeitpunkt habe ich vor jeder Fahrt die Bodenplatte meines Autos untersucht und meine Familie wo anders untergebracht. Diese Burschen waren ja wirklich extrem gefährlich!
Herbert Fuik
„Ich habe meine Familie woanders untergebacht“
Schließlich erfolgt ein Zugriff durch Spezialkräfte beim mutmaßlichen Auftraggeber in der Slowakei. In seinem Haus werden zahlreiche Zeitungsausschnitte über den Anschlag gefunden. Der Name von Ermittlungsleiter Herbert Fuik ist dick unterstrichen. „Ab diesem Zeitpunkt habe ich vor jeder Fahrt die Bodenplatte meines Autos untersucht und meine Familie wo anders untergebracht. Diese Burschen waren ja wirklich extrem gefährlich!“
Die Beweise reichten für eine Anklage nicht aus
Alexander S. wird von der Polizei nach Österreich gebracht, 2001 wegen Betrugs verurteilt und wieder in die Slowakei ausgeliefert. Die Beweise für Anstiftung zum Mord reichten nicht aus. Der mutmaßliche Bombenleger Richard M. konnte nie gefasst werden. Er ist bis heute verschwunden. Die Ermittler sind sich sicher, dass auch er aus dem Weg geräumt wurde ...
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