Regel-Fleckerteppich

Schluss mit dem Corona-Maßnahmen-Chaos

Politik
30.10.2021 21:30

Angesichts steigender Zahlen verschärfen immer mehr Länder, nehmen bundesweit strengere Regeln teils vor deren Inkrafttreten vorweg - Regel-Fleckerlteppich: Hat das Sinn?

Sind wir also so weit: Ein Land macht dieses, ein anderes jenes, aber alle doch das Gleiche – verschärfen. Die bundesweiten Maßnahmen sind dabei teils überholt, noch bevor sie überhaupt gelten. Zuletzt reihte sich am Samstag Niederösterreich mit strengeren Plänen neben Wien, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Kärnten und Tirol ein: Ab 8. 11. braucht es für Nachtgastro und Großveranstaltungen 2 G (geimpft, genesen) und FFP2 in Museen, Bibliotheken, Handel.

Höchstwert bei Neuinfektionen
Nicht überraschend: 6102 Neuinfektionen gab es am Samstag, der höchste Wert seit fast einem Jahr, am 21. November 2020 waren es mehr als 6500. Die meisten Fälle gab es Samstag in Oberösterreich (1892). Hospitalisiert waren 1406 (plus 36) – 273 davon auf der Intensiv. Diese Zahl sank im Tagesvergleich um 7, stieg aber innerhalb einer Woche um 46.

Bis zur Grenze von 300 belegten Covid-Intensivbetten – und damit Risikostufe 2 – fehlt nicht mehr viel, samt sieben Tage Vorlaufzeit könnten wir dann schon über 400 belegte Betten und somit gleich Stufe 3 haben – die hat keinen Vorlauf. Unbeeindruckt die Regierung: Ob Stufe 2 nicht besser sofort gilt? Kein Thema.

(Bild: stock.adobe.com, Krone KREATIV)

Dabei hatte die Ampelkommission für vorgezogene Maßnahmen appelliert und Walter Hasibeder (u.a. Sprecher der Intensivmediziner) gegenüber Ö1 erklärt, wir seien „wieder zu spät dran und es wird zu viel Rücksicht genommen auf Menschen, die glauben, Corona ist harmlos“. Und Molekularbiologe Ulrich Elling hatte betont, der Stufenplan habe bis Stufe 4 „praktisch keinen Effekt“, weil im 2-/3-G-Bereich stecke sich kaum wer an – somit verliere man nur weitere wertvolle Tage.

Die Regierung bleibt beim Stufenplan 
Auch Bundesländer forderten bundesweit einheitliche Regeln, zuletzt Kärnten – kurz bevor es dann selbst verschärfte. Denn auf Vereinheitlichung wartet man umsonst. „Der Stufenplan gibt die Richtung vor“, so Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein. In rund einer Woche werde man die 400er-Grenze überschreiten: Dann „werden Stufe 2 und 3 zeitgleich in Kraft treten“.

(Bild: Krone KREATIV)

Aber warum nicht gleich bundesweit schneller strenger handeln? Die Maßnahmen müssten von allen mitgetragen werden, heißt es dazu aus dem Ministerium, der Bund gebe die Unterkante vor, die Länder könnten so besser regional eigenständig reagieren.

Was ja von der Grundidee her nicht schlecht sei auf unserem Weg zurück zu mehr Eigenständigkeit, merkt Psychologin Barbara Juen gegenüber der „Krone“ an – auch wenn es generell für alle natürlich leichter zu verstehen wäre, wenn überall das Gleiche gelten würde.

„Föderalismus schön – nur nicht in der Pandemie“
Politwissenschafter Peter Filzmaier ist da deutlicher: „Medizinisch mögen oft wechselnde und je nach Bundesland verschiedene Maßnahmen begründet sein, davon verstehe ich nichts. Hoffentlich tun das die Politiker. Doch aus Sicht der öffentlichen Kommunikation ist das kaum vermittelbar, und es merken sich immer weniger, wann man beispielsweise wo welche Maske tragen muss.“

Und Infektiologe Florian Thalhammer: „Föderalismus ist ja schön, nur nicht in der Pandemie. Wenn dann jedes Bundesland irgendwas macht, ist das Chaos pur.“ Die Menschen seien von der Situation müde: „Müdigkeit führt zum Schlendrian und der zu Infektionen.“

Infektiologe Florian Thalhammer (MedUni Wien/AKH) (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Infektiologe Florian Thalhammer (MedUni Wien/AKH)

Dass man dem Zahlenanstieg gegensteuern müsse, sei klar, so Komplexitätsforscher Peter Klimek. Es werde sich nun auch erst zeigen, wie sich Maßnahmen wie 3G im Job auswirkten. Allein: Ob so für einen positiven Effekt auf die Entwicklung überhaupt noch genügend Zeit bleibt, bleibt zu hoffen.

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