Mehr Gemeindewohnungen, ein leichterer Zugang zu Sozialleistungen, mehr Straßenbahnen, eine autofreie Innenstadt, weniger Verbauung: Was nach einer linken Utopie klingt, soll in Graz in den nächsten fünf Jahren Realität werden. Die neue Koalition aus KPÖ, Grüne und SPÖ hat am Samstag ihr Programm präsentiert. Elke Kahr wird am Mittwoch zur ersten kommunistischen Bürgermeisterin gewählt!
Vor zwei Monaten hätte fast niemand damit gerechnet: Elke Kahr, die große, überraschende Wahlsiegerin am 26. September, nimmt gemeinsam mit Judith Schwentner (Grüne) und Michael Ehmann (SPÖ) im ehrwürdigen Stadtsenatssitzungssaal im Grazer Rathaus Platz und verkündet - nach genau einem Monat Verhandlungen - die Übereinkunft über eine künftige Grazer Regierungskoalition. Die Wahlverlierer ÖVP unter dem scheidenden Bürgermeister Siegfried Nagl und die FPÖ müssen zuschauen.
„Ohne Spin-Doktoren und Werbemittel“
„Gemeinsam für ein neues Graz. Sozial, klimafreundlich, demokratisch“ nennt sich das Arbeitsprogramm der Linkskoalition. „Es wurde ohne Spin-Doktoren und Werbemittel verfasst, wir setzen auf das gedruckte Wort“, bot Kahr gleich zu Beginn eine Spitze gegen ihren Vorgänger Nagl.
Man eröffne ein neues Kapitel in Graz. Es fallen Wörter wie Antifaschismus, soziale Gerechtigkeit, Solidarität, Zusammenhalt. Versprochen wird auch ein „neuer Stil für Graz“. „Wir sind nicht dazu da, um Denkmäler zu schaffen oder Prestigeprojekte umzusetzen“, betont die künftige Vizebürgermeisterin Schwentner.
Leistbares Wohnen als oberste Priorität
21 Schwerpunkte umfasst das Programm. Kahr nennt vorweg ihr Leibthema Wohnen: Erschwinglicher Wohnraum soll ausgebaut werden, neue Gemeindewohnungen werden errichtet, der Zugang zu ihnen - von der FPÖ zuletzt stark eingeschränkt - soll wieder erweitert werden.
Mehr Hilfe - und das rascher und unbürokratischer - soll es künftig für sozial Schwächere geben. So wird der Bezieherkreis der Sozialcard ausgeweitet. Kahr verspricht auch Maßnahmen gegen die Teuerung, etwa stärkere Zuschüsse zur Öffi-Jahreskarte oder zum Klimaticket. Die Kindergartentarife sollen sinken.
Autofreie Innenstadt als Ziel
Die Grüne Schwentner betont naturgemäß die ökologischen Schwerpunkte im Programm. So soll die Südwest-Straßenbahnlinie endlich errichtet werden, im Zuge dessen der Griesplatz umgebaut und lebenswerter gemacht. Mehr Bäume, mehr Fahrräder für Kinder, strengere Kontrollen bei Bautätigkeiten werden von ihr auch genannt.
Besonders aufhorchen lässt die Grüne mit dem Ziel einer „sukzessiven autofreien Innenstadt“. Sie verspricht aber, insbesondere die Anrainer in diesen Prozess einzubinden.
„Wir wollen nicht in Opposition verharren“
Eine interessante Rolle übernimmt die SPÖ: Sie hat keinen Sitz in der Stadtregierung, verschafft KPÖ und Grüne mit ihren vier Mandaten aber die Mehrheit im Gemeinderat. „Wir wollten gestalten und nicht in Opposition verharren“, begründet Parteichef Michael Ehmann den in der Landespartei kritisch beäugten Schritt.
Als geplante Maßnahmen präsentierte er etwa mehr Transparenz und Reformen in den Holding Graz und weiteren städtischen Beteiligungen, ein Pilotprojekt, bei dem pflegende Angehörige sozialrechtlich abgesichert werden, aber auch eine Erhebung, wie viel Wohnraum in Graz tatsächlich leersteht.
Was sich schon bald im Stadtbild ändern könnte
Vieles im Arbeitsprogramm der dunkelrot-grün-roten Koalition ist noch vage, doch es gibt auch schon einige greifbare Vorhaben, die Graz verändern werden:
Die Südwestlinie der Straßenbahn Richtung Straßgang soll bis 2025 auf Schiene gebracht werden. Generell wird in den Tram-Ausbau investiert; die U-Bahn ist vorerst vom Tisch.
Sogenannte „Grüne Meilen“ sollen in mehreren Straßen neuen Lebensraum für Menschen und Natur bieten, denkbar wären
Eine Leerstandserhebung im ganzen Stadtgebiet sowie Altbestandssanierung sollen Flächenfraß und „Bauwut“ bremsen.
Gebührenpflichtige Parkzonen werden ausgeweitet.
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