Die ausgerotteten Großraubtiere werden über kurz oder lang auch in der Steiermark ihr Comeback geben. Internationale Experten mahnen jetzt: „Ihr braucht eine Strategie!“
Die überschaubare Zahl der Sichtungen und Risse in der Steiermark dürfte den Experten aus der Schweiz, Slowenien und Norwegen ein kleines Schmunzeln abgerungen haben; in ihren Ländern gibt es teils riesige Wolfs- und Bärenpopulationen. Seit langem - dementsprechend konnten die internationalen Spezialisten, die auf Einladung der steirischen Jägerschaft nach Mixnitz kamen, aus einem langjährigen Erfahrungsschatz berichten.
Wobei der Umgang mit der Problematik ganz unterschiedlich ist. Bei unserem Nachbarn Slowenien etwa, wo man schon früh mit Bärenmanagement begonnen hat, gehört es zur Strategie, die Großraubtiere kontrolliert zu füttern: mit bis zu 23 Futterplätzen pro 100 Quadratkilometern. Gibt es von Rissen Betroffene, werden die Lösungen individuell gefunden; man ist im Akutfall auch in der Lage, binnen kürzester Zeit einen Schutzzaun für Nutztiere zu errichten. Erlegt werden aktuell nur Wölfe und Bären, die zum Problem wurden, etwa weil sie die Scheu vor Menschen verloren haben.
In der Schweiz wiederum zeigte sich im Jahr 2012 das erste Wolfsrudel, was sogar für Entzücken sorgte. Das erste Rudel hatte im Endeffekt 90 Nachkommen - aber seit sich der Bestand jedes zweite Jahr verdoppelt, Risse auch Kühe oder Pferde betreffen, sinke die Bereitschaft, mit dem Wolf in Koexistenz zu leben spürbar. Im professionellen Wolfsmanagement sind 60 Mitarbeiter beschäftigt!
Verschiedene Ansätze - dramatische Ausgänge
Von Andreas Zedrosser kommt ein Blick in den Norden, der verdeutlicht, welche drastischen Auswirkungen unterschiedliche Handlungsweisen haben: „In Norwegen gibt es 100 Bären und zwei Millionen Schafe, die meist unbeaufsichtigt im Wald leben“, so der gebürtige Kärntner, der in Norwegen lebt. „Zum Vergleich: In Schweden sind es 3000 Bären und 600.000 Schafe, aber eingezäunt.“ Fazit: „In Norwegen hat man im Jahr Tausende gerissene Schafe. In Schweden fünf. Dementsprechend fällt auch die Akzeptanz der Bevölkerung aus.“ Was zeigt: Ein kluges Raubtiermanagement mit Herdenschutz und Einzäunung wirkt Wunder.
Großraubtiere werden auch vermehrt in die Steiermark kommen. Vorbeugen muss man aber jetzt. Nicht erst panisch handeln, wenn der Hut brennt.
Andreas Zedrosser, Int. Gesellschaft für Bärenforschung
Das große Aber für die Steiermark: „Hier ist alles viel kleinstrukturierter. Dass man Almen nicht in viele kleine mit Stromzäunen umspannte Areale einteilen kann, ist klar. Dass nicht jede Herde von Hirt und Hund bewacht werden kann, auch.“
„Es ist Fakt, wir haben keinen Plan“
Daher rät er unserem Bundesland: „Individuelle Lösungen suchen. Strukturen aufbauen, die ein relativ problemfreies Zusammenleben ermöglichen. Dazu ist man international ja auch verpflichtet!“ Er mahnt, so wie auch seine Kollegen: „Jetzt einen Plan machen - nicht erst im Akutfall panisch reagieren. Denn der Wolf kommt. Vielleicht erst in 20 Jahren. Vielleicht aber auch schon in zwei.“
Diesen Plan will Landesjägermeister Franz Mayr-Melnhof jetzt auch klar vorantreiben: „Es ist Fakt, dass wir im Moment keinen haben. Aber dringend einen brauchen!“
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