Die Verkehrsministerin kippt die gesamte Nordost-Umfahrung Wiens. Das Projekt hat in der Vorbereitung schon viel Geld verschlungen. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig prüft nun Klagen.
Hermann Gessler war ein Schweizer Vogt, dessen Hut man sich der Legende nach nur untertänigst nähern durfte. Leonore Gewessler (die Ähnlichkeit der Nachnamen ist rein zufällig) löst im Wiener Rathaus ähnliche Gefühle aus. Mit einem Handstreich hat die grüne Verkehrsministerin die Wiener Nordost-Umfahrung vom Tisch gefegt. Ein Projekt, das seit vielen Jahren von der SPÖ, der Wirtschaft und dem Gutteil der Donaustädter Bevölkerung gefordert wird.
Gestoppt hat Gewessler nicht nur den Lobautunnel, sondern auch die Schnellstraße von Raasdorf (Niederösterreich) nach Süßenbrunn (siehe Grafik oben). Einzig die Stadtstraße und Spange Aspern, die auf den Raasdorfer Feldern praktisch im „Nichts“ endet, dürfen errichtet werden. Das hat durchaus für alle Wiener erhebliche Auswirkungen.
Da es keine Ringumfahrung um Wien gibt, wird der gesamte Schwer- und Durchzugsverkehr weiter über die Tangente mitten durch die Stadt verlaufen. Den Wienern fehlt eine weitere Querung der Donau. Die bestehenden Brücken sind vielfach am Limit.
Das seit Jahrzehnten geplante Projekt hat bereits hohe Kosten verursacht: 147,6 Millionen Euro sind es laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung.
Wiener Bürgermeister prüft rechtliche Schritte
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zeigt sich über Gewesslers Entscheidung verärgert und prüft rechtliche Schritte. „Das ist ein Schlag gegen die Lebensqualität der Menschen“, so der Wiener Stadtchef. Die Lobau wäre als Naturschutzgebiet nie in Gefahr gewesen. Zugleich würde nun die Stadtstraße „im Nichts enden“. „Eine Pflanzerei“, so Ludwig.
Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck ergänzt: „Ohne den Lobautunnel werden Betriebsansiedelungen - und die damit verbundenen neuen Arbeitsplätze - schwierig bis unmöglich.“ Der Volkswirtschaft würden in Summe mehr als 12,7 Milliarden Euro entgehen.
Wir leben nicht im antiken Rom, wo über Existenzen per Daumenstellung entschieden wird. Der Rechtsstaat wird ausgehebelt.
Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck
Kritik übt auch NÖ-Landeschefin Johann Mikl-Leitner: „Es ist leicht, im Elfenbeinturm des Ministeriums Entscheidungen zu treffen.“ Leiden würden aber die Menschen vor Ort.
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