Obdachlose haben in frostigen Nächten ein besonders schweres Los. Notunterkünfte und Initiativen wie der Vinzibus helfen. Die „Krone“ hat die Helfer einen Abend lang begleitet.
Sternenklarer Nachthimmel über Graz: Das Thermometer zeigt drei Grad unter Null, die strenge Kälte kriecht einem sofort in die Knochen. Der tagsüber so belebte Augarten ist wie leergefegt - fast: Von der breiten Masse unbemerkt rollt der Vinzibus an, wie jeden Tag (!) seit Dezember 1991. Thomas Pischleritsch öffnet die Heckklappe und stellt davor einen Biertisch auf. Im Laderaum stehen Kisten voller belegter Brote, Gebäck und ein Kanister mit heißem Tee.
Pischleritsch ist einer von rund 50 Freiwilligen, die Tag für Tag an drei Stationen in Graz Bedürftige und Obdachlose mit einem kleinen Imbiss unterstützen. „Ein Bekannter von mir war Vinzibus-Fahrer und hat gefragt, ob ich es nicht auch mal probieren will. Dann bin ich dabei geblieben. Jetzt sind es schon zehn Jahre“, erzählt der Grazer, der im Brotberuf Hausmeister ist.
Belegte Brote, heißer Tee und menschliche Wärme
Ein paar „Stammgäste“, wie sie liebevoll genannt werden, warten schon pünktlich einige Minuten vor 20 Uhr. Einige machen sich mit Broten ausgestattet gleich wieder davon, andere bleiben für eine Plauderei bei einer Tasse Tee stehen. So auch Helmut (Name geändert), der seit fünf, sechs Jahren regelmäßig zum Vinzibus in den Augarten kommt. Obdachlos sei er nicht, „aber die kostenlose Mahlzeit am Abend ist schon eine enorme finanzielle Entlastung, speziell wenn es gegen Ende des Monats knapp wird“.
Über 1,3 Millionen belegte Brote und über 290.000 Liter Tee - seit jeher hergerichtet von Grazer Ordensschwestern - wurden seit der ersten Ausfahrt vor 30 Jahren ausgegeben. Täglich werden im Augarten, am Jakominiplatz und am Hauptbahnhof rund 30 Gäste versorgt. Aber nicht nur mit Broten, Gebäck und Tee, sondern auch mit „menschlicher Wärme“, wie Vinziwerke-Koordinatorin Amrita Böker betont.
350 freie Plätze in den Grazer Notunterkünften
Der Vinzibus ist aber nur eines von vielen Hilfsangeboten für Obdachlose und Bedürftige in der Steiermark. Besonders jetzt in der Winterzeit sorgen Hilfsorganisationen, vor allem die Vinziwerke und die Caritas, in Zusammenarbeit mit Land Steiermark und Stadt Graz für ein engmaschiges Netz an Unterstützung.
„Niemand muss in der Kälte im Freien übernachten“, so lautet der Leitsatz. Für rund 1100 Menschen bieten Unterkünfte und Notschlafstellen in der ganzen Steiermark Platz. 350 Betten gibt es in den Notunterkünften der Caritas und der Vinziwerke in Graz.
So kurz wie möglich, so lange wie nötig
Die Vinziwerke bieten acht verschiedene Notschlafstellen und Dauerherbergen für verschiedene Zielgruppen - vom Haus Rosalie für inländische obdachlose Frauen über das Vinzinest für Armutsmigranten bis zum VinziTel, eine Notschlafstelle mit „Hotelcharakter“ für Männer, Frauen und Paare. „Im Gegensatz zu einer klassischen Nachtschlafstelle können unsere Gäste hier rund um die Uhr im Haus sein“, sagt Koordinatorin Amrita Böker. Es gelte der Grundsatz: „So kurz wie möglich, so lange wie nötig“. Mithilfe von Sozialarbeitern wird nach einer längerfristigen Unterbringung gesucht.
Dass der Bedarf da ist, steht fest: „Wir sind eigentlich das ganze Jahr über immer fast voll belegt“, sagt Böker.
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