Der Weg zur allgemeinen Corona-Impfpflicht ab Februar 2022 ist frei: Am Donnerstag wurde der Entwurf im Zuge einer Pressekonferenz präsentiert (siehe Video oben). „Die Impfpflicht gilt für alle Bürger ab 14 Jahren, die einen Wohnsitz in Österreich haben. Ausgenommen sind Schwangere“, verriet Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). „Es geht um den Schutz der öffentlichen Gesundheit“, rechtfertigte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) diesen Schritt. Der Entwurf wird von vier Parteien getragen. Das heißt: Neben den Regierungsparteien ÖVP und Grüne sind auch SPÖ und NEOS mit an Bord. „Das ist keine Selbstverständlichkeit“, so Edtstadler. Anfang Februar soll das Gesetz in Kraft treten und voraussichtlich bis Ende 2024 gelten.
Allgemeine Impfpflicht kommt - die Eckpunkte:
Vierteljährlich werden sogenannte Impfstichtage stattfinden. An diesen müssen alle Personen, die von der Impfpflicht erfasst sind, geimpft sein oder einen Ausnahmegrund im Zentralen Impfregister eingetragen haben. Der erste Stichtag wird der 15. März sein, sagte Mückstein.
„Grundsätzlich ist man mit 14 Jahren ein mündiger Minderjähriger. Das lässt eine eigenständige Entscheidung zu“, begründete Mückstein die Altersgrenze.
Ärztliche Bestätigung für Impfbefreiung notwendig
Für die Ausnahmegründe brauche es eine ärztliche Bestätigung, betonte Mückstein bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Edtstadler, an der auch NEOS-Vorsitzenden Beate Meinl-Reisinger teilnahm. Anders als die NEOS war die SPÖ nicht vertreten, unterstützt aber den Entwurf, wie es bei der Pressekonferenz von Edtstadler hieß und später von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bestätigt wurde.
Ausstellen können ein solches Ausnahme-Attest etwa allgemeine Kassenärzte, Fachärzte mit internistischem Sonderfach, Psychiater sowie Ärzte für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Gynäkologen und Amtsärzte. Aber Mückstein warnt: „Gefälligkeitsgutachten sind strafbar.“ Mückstein betonte, dass die Impfung für Schwangere „ausdrücklich empfohlen ist“. Auch in den Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums gibt es „eindeutige Empfehlungen“ dafür, so der Minister.
„Politischer Zusammenschluss“
Laut Edtstadler sei der Regierung bei der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs vor allem ein „politischer Zusammenschluss“ wichtig gewesen. „Das Virus bekämpft man nicht auf politischer Ebene. Man bekämpft es am besten gemeinsam. Denn der gemeinsame Feind ist das Virus“, sagte auch Mückstein.
Der Gesundheitsminister betonte, dass er bei seinem Amtsantritt nicht gedacht hätte, dass eine allgemeine Impfpflicht notwendig sein könnte. „Wir alle, die wir hier stehen, haben lange eine allgemeine Impfpflicht ausgeschlossen. Wir haben aber auch alle viel gelernt“ - auch, dass man keine Versprechen mehr machen sollte. Und dass man „aus dem ewigen Kreislauf des Auf - und Zusperrens ausbrechen“ wolle.
Der gemeinsame Feind ist das Virus.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne)
Der Tenor aus zahlreichen Gesprächen sei gewesen, dass man eine allgemeine Impfpflicht brauche, um aus dieser Pandemie auch herauszukommen, stellte Edtstadler klar. Die Impfpflicht sei aus europarechtliche Judikatur gesehen zulässig. Das Mittel müsse wirksam und verhältnismäßig sein - und dies sei die Impfung. Es seien noch immer zu wenig Personen geimpft, sagte sie. „Wir brauchen aber die Solidarität von allem im Land, damit wir die große gemeinsame Herausforderung meisten können.“ Man wolle auch nicht die Menschen „bestrafen, die nicht geimpft sind, wir wollen sie abholen“, betonte sie.
Wir wollen auch nicht die Menschen bestrafen, die nicht geimpft sind, wir wollen sie abholen.
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP)
„Menschenleben retten“
NEOS-Vorsitzende Meinl-Reisinger sagte, es gehe vor allem darum, Menschenleben zu retten. „Wir haben uns in den vergangen Monaten immer gegen eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen, dafür aber Dutzende Vorschläge gemacht, um Menschen mit positiven Anreizen von der Impfung zu überzeugen.“ Dies sei aber nicht gelungen.
Neuerlichen Lockdown durch Impfpflicht verhindern
Man gehe nun gerade aus dem Lockdown heraus. Aber „in ein paar Wochen steht schon wieder die nächste Welle an“ - das Ergebnis dürfe kein neuerlicher Lockdown sein „und dann wieder einer und wieder einer“. „Daher habe ich meine Meinung geändert - wie so viele Experten und Politiker auch.“ Gerade für jeden liberal denkenden Menschen sei eine Impfpflicht eine unglaubliche Zumutung, räumte sie ein. „Ich unterstütze die allgemeine Impfpflicht - aber ich stelle meinen Abgeordneten die Abstimmung frei. Aber es wird sich eine deutliche Mehrheit der NEOS-Abgeordneten für die Impfpflicht aussprechen.“
Ich habe meine Meinung geändert - wie so viele Experten und Politiker auch.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger zur Corona-Impfpflicht
„Hohe Durchimpfungsrate ist entscheidend“
Seitens der SPÖ hieß es aus dem Büro von Parteivorsitzender Rendi-Wagner, die Partei unterstütze den Impfpflicht-Entwurf grundsätzlich, auch wenn die Pflicht „nie das Ziel war. Eine hohe Durchimpfungsrate ist entscheidend, um den Teufelskreis von Lockdowns zu durchbrechen. Nur gemeinsam können wir das Sicherheitsnetz einer hohen Durchimpfungsrate von 90 Prozent erreichen, um weitere Lockdowns zu verhindern“, so Rendi-Wagner in einer schriftlichen Stellungnahme.
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