ÖVP-Innenminister Gerhard Karner ist nach der Aufregung um das Dollfuß-Museum in seiner Heimatgemeinde nun mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert. In einem offenen Brief der jüdischen Hochschülerschaft fordern jüdische Studierende und Personen aus Politik, Wissenschaft und Kultur eine Neubesetzung des Innenministeriums. Grund dafür sind angeblich antisemitische Aussagen in einem Landtagswahlkampf. Karner betonte zu Mittag, dass diese „niemals in diese Richtung intendiert“ waren.
Karner soll der SPÖ einmal vorgeworfen haben, „mit Herren aus Amerika und Israel gegen das Land“ zu arbeiten, und sie als „Klimavergifter“ bezeichnet haben. Für die jüdische Hochschülerschaft ist die antisemitische Dimension dieser Äußerungen „offensichtlich“. Denn zum einen wird damit die Vorstellung der „Jüdischen Weltverschwörung“ bemüht, andererseits die jahrhundertealte Legende des „Jüdischen Brunnenvergifters“.
Brief von Autoren, Griss und Obonya unterzeichnet
„Wir sind der Überzeugung, dass diese Person für das Amt des Innenministers vollkommen ungeeignet ist, und fordern die Bundesregierung dazu auf, unsere Sicherheit in die Hände gemäßigter Politik zu legen“, heißt es in dem offenen Brief, den neben der jüdischen Hochschülerschaft unter anderem auch die Autoren Doron Rabinovici und Michael Köhlmeier, die Autorin Elfriede Jelinek, Ex-OGH-Präsidentin und ehemalige NEOS-Abgeordnete Irmgard Griss sowie Schauspieler und Präsident der Aktion gegen Antisemitismus Cornelius Obonya unterfertigten.
Eintreten gegen Antisemitismus und Faschismus „persönliches Anliegen“
Auf APA-Anfrage verwies ein Sprecher Karners am Montag zunächst auf Interviews des Innenministers, in denen dieser betonte, dass ihm das Eintreten gegen Antisemitismus ein „persönliches Anliegen“ sei. „Meine Haltung zum Faschismus ist unbestritten. Der Kampf gegen Antisemitismus und gegen Faschismus ist mir seit meiner Studentenzeit ein Herzensanliegen. Deshalb bin ich auch sehr sensibel, wenn versucht wird, mir in diesem Bereich etwas zu unterstellen“, so Karner gegenüber der „Krone“.
In einer schriftlichen Stellungnahme wies Karner schließlich Montagmittag erneut „antisemitisches Gedankengut aufs Schärfste und sehr entschieden zurück“. Er werde den Kampf gegen Antisemitismus und jede Form des Extremismus „auch in meiner Arbeit als Innenminister fortsetzen“. Die im Landtagswahlkampf gefallenen Formulierungen würde Karner heute nicht mehr verwenden, hatte er bereits zuvor gemeint. Überhaupt fielen in Wahlkampfzeiten „generell Wörter und Sätze, die man wahrscheinlich danach nicht mehr so verwendet“.
Dollfuß-Museum soll inhaltlich überarbeitet werden
Der erst vergangene Woche angelobte Innenminister war zuletzt bereits wegen eines in seiner Gemeinde angesiedelten Engelbert-Dollfuß-Museums kritisiert worden. Kritikern fehlt bei dem Museum im niederösterreichischen Texingtal, wo Karner Bürgermeister ist, eine ordentliche Auseinandersetzung mit dem austrofaschistischen Kanzler. Karner kündigte an, dass das Museum 2022 inhaltlich überarbeitet werden soll.
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