Der serbische Tennis-Star Novak Djokovic ist in Australien erneut inhaftiert worden, weil er ohne Corona-Impfung eingereist ist. Das teilten Djokovics Anwälte am Samstag mit, nachdem die australische Regierung sein Visum am Freitag ein zweites Mal für ungültig erklärt hatte. Der 34-Jährige will bei den Australian Open in Melbourne seinen 21. Grand-Slam-Sieg holen und damit einen neuen Rekord aufstellen.
Nach dem angekündigten Einspruch seiner Anwälte gegen die erneute Annullierung seines Visums für Australien soll nun eine Anhörung vor dem Bundesgericht am Sonntag Klarheit über eine Teilnahme des Serben bei den am Montag beginnenden Australian Open bringen. Das entschied Richter Anthony Kelly bei einer Anhörung am Freitag. Titelverteidiger Djokovic ist nach wie vor in der Auslosung und soll am Montag erstmals spielen.
Bis dahin darf Djokovic nicht abgeschoben werden. Für den Weltranglisten-Ersten ist zudem am Samstag um 8.00 Uhr Ortszeit eine Anhörung bei der Einwanderungsbehörde anberaumt. Anschließend kann er von 10 Uhr bis 14 Uhr mit seinen Anwälten den Gerichtstermin am Sonntag vorbereiten. Bis dahin muss er nicht in Abschiebehaft.
Das Visum des ungeimpften Djokovic war zuvor in einer persönlichen Entscheidung von Einwanderungsminister Alex Hawke ein zweites Mal für ungültig erklärt worden. Dies sei gut begründet und „im öffentlichen Interesse“, hatte der Minister mitgeteilt. Djokovic ist nicht gegen das Coronavirus geimpft und deswegen eine umstrittene Person in dem Land, das seit Beginn der Pandemie harte Regeln aufgestellt hat.
Djokovics Anwalt Nicholas Wood kündigte umgehend einen Einspruch gegen die Entscheidung an und drängte darauf, keine Zeit zu verlieren. „Jede Minute, bevor das Turnier am Montag beginnt, ist kostbar“, sagte Wood bei der Anhörung vor Richter Anthony Kelly. Zugleich kritisierte der Jurist, dass die Entscheidung „irrational“ und unverhältnismäßig gewesen sei. Richter Kelly war bereits mit dem Fall befasst und hatte am Montag wegen eines Formfehlers der Behörden zugunsten von Djokovic entschieden, nachdem dem 34-Jährigen zunächst die Einreise in Melbourne verweigert worden war.
Visum erneut annulliert
Zuvor hatte der Immigrationsminister Hawke nach vier Tagen seine Entscheidung verlautbart. „Heute habe ich von meinem Recht, das Visa von Herrn Novak Djokovic für ungültig zu erklären, Gebrauch gemacht“, so Hawke in einer Erklärung, „und zwar auf der Basis, dass es im öffentlichen Interesse ist, so zu handeln.“ Er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und sorgfältig alle Unterlagen geprüft, die ihm die Immigrationsbehörden, der australische Grenzschutz und Djokovic vorlegten.
83 Prozent für Ausweisung
Bei ihrer Entscheidung weiß die Regierung allerdings die große Mehrheit der Australier hinter sich: Einer Umfrage der Mediengruppe News Corp zufolge befürworten 83 Prozent der Befragten den Versuch, Djokovic wieder des Landes zu verweisen. Die Impfquote in Australien liegt bei 91 Prozent, viele Menschen sind über Ausnahmen für Ungeimpfte empört. Sie hatten sich zudem in der Pandemie massiv einschränken müssen, als sie den weltweit längsten Lockdown über sich ergehen lassen mussten. Zuletzt stieg die Zahl der Neuinfizierten wieder stark an.
Ungeachtet dessen sorgt der Fall Djokovic weltweit für Diskussionen und sogar auch für diplomatische Spannungen zwischen Australien und Serbien. Zudem nahm die weltweite Debatte über Rechte für Ungeimpfte an Fahrt auf. Djokovic gilt als Impfskeptiker.
Serbiens Presse kocht vor Wut
Die ersten Reaktionen von serbischen Medien spiegeln die aufgeheizte Stimmung wider. „Unglaublich, was der (australische) Minister als Begründung angibt: die öffentliche Gesundheit und das Gemeinwohl. Und das in einem Land, das täglich 150.000 Neuinfektionen hat!“, schrieb „telegraf.rs“ und befand: „Das ist verrückt!“. „Die Verfolgung des Novak“, schrieb „blic.rs.“und „informer.rs“ sah in einer Karikatur einer australischen Zeitung gar als Beleg für „Lynchstimmung“.
Rückendeckung bekam Djokovic auch vom serbischen Präsidenten. „Die Angriffe und der Druck auf Novak Djokovic, einen Bürger Serbiens, sind für mich unverständlich“, sagte Aleksandar Vucic in einer Ansprache, die er am Freitag auf Instagram veröffentlichte. Er beklagte dabei auch den „Druck, dem Serbien ausgesetzt“ sei. Doch den Serben habe man in ihrer Geschichte „Würde und Stolz nicht zu nehmen vermocht“. Seine Ansprache schloss der Präsident mit den Worten: „Es lebe Serbien! Novak, Serbien ist mit dir!“
Zu keiner Reaktion sahen sich bisher die Veranstalter der am Montag beginnenden Australian Open veranlasst. In der Auslosung auf der Website ist Titelverteidiger Djokovic auch nach wie vor als Nummer 1 ganz oben angeführt. Man wird wohl zuwarten, bis Djokovic alle Rechtsmittel ausgeschöpft hat. Bleibt die Entscheidung aufrecht, dann wird der als Nummer 5 gesetzte Russe Andrej Rublew den Platz von Djokovic einnehmen und ein Lucky Loser aus der Qualifikation ins Feld aufrücken. In der Jagd nach dem Major-Rekord von 21 Titeln verbliebe somit nur noch Rafael Nadal im Feld.
Djokovic könnte Nummer-1-Position verlieren
Ein Nichtantreten von Djokovic könnte aber auch nachhaltige Auswirkungen auf die Weltrangliste haben: Falls Daniil Medwedew oder Alexander Zverev das Turnier gewinnen, würde der „Djoker“ die Nummer-1-Position im ATP-Ranking verlieren.
Ganz unabhängig vom Ausgang der Melbourne-Saga wird auch der Rest des Tennis-Jahres für Djokovic zur Herausforderung, wenn er weiter ungeimpft bleibt. Es ist zumindest nicht unwahrscheinlich, dass auch andere Tennis-Veranstalter dem Beispiel Australiens folgen werden und nur geimpfte Spielerinnen und Spieler zulassen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.