Grundsätzlich profitiert jeder vom Klimaschutz. Um Spannungen zu vermeiden, ist es allerdings wichtig, die Maßnahmen sozial verträglich zu gestalten.
Diese Woche hat der Nationalrat die „Ökosoziale Steuerreform“ abgesegnet. Damit steht fest, dass Öl, Gas und Treibstoffe teurer werden. Doch wie wirkt sich die CO2-Steuer auf die Preise bei den Waren des täglichen Gebrauchs aus? Wie hoch sind die Investitionen, die auch von privater Hand getätigt werden müssen? Reichen die Kompensationen aus, um die Zusatzkosten stemmen zu können? Die Ökosoziale Steuerreform der Bundesregierung wirft viele Fragen auf und sorgt für Verunsicherung in der Bevölkerung.
Um ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, haben mehrere Vorarlberger Organisationen - vom ÖGB bis zur Katholischen Kirche - im Rahmen der „Werkstattgespräche“ mithilfe profunder Experten sich diesem überaus komplexen Thema gewidmet. Einerseits erklärte die stellvertretende Kabinettschefin des Klimaschutzministeriums, Irmi Salzer, die geplanten Maßnahmen, andererseits referierte der Ökonom Joel Tölgyes vom „Momentum Institut“ über mögliche soziale Auswirkungen und zeigte auf, wo es Nachschärfungen braucht.
CO2-Bepreisung als zentrales Element
Ein wesentlicher Punkt der „Ökosozialen Steuerreform“ ist die CO2-Bepreisung. Eine Tonne CO2 soll vorerst 30 Euro kosten und dann Schritt für Schritt auf 55 Euro steigen. Verteilungsanalysen zeigen: Ökosteuern treffen kleine und mittlere Einkommen stärker als gut situierte Haushalte. Zwar haben Besserverdienende in der Regel einen größeren ökologischen Fußabdruck, ihr Einkommen ist aber so hoch, dass die Belastung in Relation geringer ist.
Die im Zuge der Ökosozialen Steuerreform beschlossenen Kompensationen sind zweifellos gute erste Schritte, allerdings müssen noch viele weitere folgen. Vor allem gehört das Steuersystem grundlegend verändert: Wir besteuern Arbeit extrem hoch, Vermögen aber so gut wie gar nicht.
Joel Tölgyes, Momentum Institut
Auf eine vierköpfige Familie dürften im Durchschnitt Mehrkosten zwischen 300 und 400 Euro jährlich zukommen. Wer mit Öl und Gas heizt, wird zudem deutlich stärker belastet als jemand, der an die Fernwärme angeschlossen ist. Auch das Stadt-Land-Gefälle spielt eine große Rolle. Zu den direkten Kosten kommen die indirekten Belastungen, da die Unternehmen den CO2-Preis auf die Konsumenten abwälzen werden. Laut einer IHS-Studie könnten sich dadurch die Zusatzkosten für die privaten Haushalte noch einmal um bis zu 30 Prozent erhöhen - das ist alles andere als ein Pappenstiel.
Irma Salzer, Biobäuerin und Grünen-Politikerin aus dem Südburgenland, betont daher, dass die wohl größte Herausforderung bei der „Ökosozialen Steuerreform“ sei, Ungerechtigkeiten zu beseitigen. „Die Verursacher der Krise sind meist nicht diejenigen, die am meisten darunter leiden - sowohl global als auch lokal gesehen. Am meisten Emissionen verursachen reiche Regionen und die Besserverdienenden.“ Deshalb müssten vor allem jene unterstützt werden, die finanziell am meisten zu kämpfen hätten. Solche Abfederungsmaßnahmen seien etwa der in der „Ökosozialen Steuerreform“ enthaltende Klimabonus, der EU-weite „Just Transition Fund“ oder die Förderung beim Heizkesseltausch.
Die Verursacher der Krise sind meist nicht diejenigen, die am meisten darunter leiden.
Irma Salzer
Allein über den Klimabonus erhalten Bürger jährlich bis zu 200 Euro je Person - für Kinder gibt es die Hälfte. Die Höhe hängt vom Wohnort und der Anbindung an den Öffentlichen Verkehr ab. Beim Heizkesseltausch werden die Kosten bei Geringverdienern mittlerweile sogar bis zu 100 Prozent erstattet. Zudem will die Regierung über Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen Arbeitnehmer fit für sogenannte „Green Jobs“ machen.
Richtige Ansätze, aber weitere Maßnahmen nötig
Für Joel Tölgyes, Ökonom des Momentum Instituts, sind die bereits auf den Weg gebrachten Kompensationsmaßnahmen „gute erste Schritte“, allerdings müssten noch viele weitere folgen. Bei der CO2-Steuer fehle etwa eine Unterstützung für Mieter, die sich ihr Heizsystem nicht aussuchen können. „Und für die Umstellung unseres Wirtschaftssystems muss der Staat eine aktivere Rolle einnehmen und Jobs in klimafreundlichen Bereichen, wie der Pflege, attraktiver machen. Für Menschen, die durch die Klimakrise von Arbeitslosigkeit bedroht sind, braucht es zudem eine bessere soziale Absicherung. Auch ärmeren Haushalten mit hohen Energiekosten muss noch stärker unter die Arme gegriffen werden.“
Vor allem aber gehöre für eine nachhaltig wirksame „Ökosoziale Steuerreform“ das Steuersystem grundlegend verändert: „Wir besteuern Arbeit extrem hoch, Vermögen aber so gut wie gar nicht - diese Schieflage gehört behoben.“ Seine Argumentation: „Reichtum führt zu extrem hohem CO2-Ausstoß. Reiche Menschen fliegen häufiger und besitzen weit mehr als nur ein Auto. Zusätzlich könnte besonders klimaschädlicher Konsum - etwa Vielfliegerei - extra besteuert oder reguliert werden. Das Geld kann dann für Steuersenkungen oder für Klimainvestitionen verwendet werden.“ Bis 2040 hat Österreich Zeit, um klimaneutral zu werden. Der Weg dahin ist noch weit - darüber waren sich beim „Werkstattgespräch“ alle einig.
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