Politischer Tiergarten

„Schulaufsatz“: Forscherin zerlegt Skandal-Studie

Politik
27.01.2022 11:30

Sebastian Kurz ein „hinterfoziger (sic) Pfau“, Matthias Strolz, der „wie ein Affe herumspringt“ - die am Mittwoch vom Finanzministerium veröffentlichten inkriminierenden Studien der Meinungsforscherin Sabine Beinschab bringen einen durchaus humoristischen Ansatz mit sich. Dass es aber auch mit der wissenschaftlichen Qualität dieser vermeintlichen Studie nicht weit her ist, offenbart nun die Kommunikations- und Sozialwissenschaftlerin Andrea Schaffar. Der Text erinnere sie an einen Schulaufsatz, geht sie mit der Arbeit hart ins Gericht.

Es sei weder transparent, wie die Erhebungen gestaltet, noch in welcher Form sie ausgewertet und analysiert wurde, schreibt Schaffar in ihrem Wissenschaftsblog. Die Sozialwissenschaftlerin hat sich dabei das methodische Design und die Durchführung der Studie angesehen, für die immerhin 155.940 Euro Steuergeld geflossen sind.

Unterschreitet selbst lockere Standards
Einen wirklich seriösen Ansatz scheint sie dabei nicht gefunden zu haben: Es sei weder transparent angegeben, wie die Erhebungen gestaltet wurden, noch in welcher Form diese ausgewertet und analysiert wurden, schreibt Schaffar. Auch die Gestaltung des Konvolutes habe mit einer Studie eigentlich nichts zu tun. So bestehe das „Produkt“ hauptsächlich aus zusammengestellten Power-Point-Folien. Selbst wenn man eher lockere Standards anlegen würde, „wie dies der Markt- und Meinungsforschung manchmal nachgesagt wird“, unterschreite dieses Dokument auch solche lascheren Kriterien.

Besonders die Methodik, wie Beinschab dabei zu ihren Ergebnissen gelangte, bezeichnete die Wissenschaftlerin als „originell“ - „eine andere Bezeichnung fällt mir dazu nicht ein.“ So würde die Auswahl der Personen für die durchgeführten Gruppendiskussionen den üblichen Zielgruppen der ÖVP entsprechen - warum die Auswahl dabei genau auf die Berufsgruppen „leitende Angestellte“, „Freiberufler“ und „EPUs“ gefallen ist, werde dabei jedoch nicht argumentiert.

Das „Beinschab-Österreich-Tool"

Die Studien der Meinungsforscherin Sabine Beinschab sind durch Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ans Licht des Tages befördert worden. Sie soll mit dem damaligen Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid eine Vereinbarung geschlossen haben, wonach sie parteipolitisch motivierte und manipulierte Umfragen durchführt und deren Veröffentlichung in der Tageszeitung Österreich veranlasst.

Diese Umfragen sollten insbesondere die Unbeliebtheit des damaligen ÖVP-Obmanns Reinhold Mitterlehner überzeichnet darstellen und den Lesern suggerieren, dass die ÖVP mit dem damaligen Außenminister Sebastian Kurz als Spitzenkandidat wesentlich bessere Wahlergebnisse erzielen würde. Dafür sollen dem Finanzministerium Scheinrechnungen für angebliche gelegt worden sein.

Erste positive Nennung für Sebastian Kurz
Die anschließend ausgewählten Passagen, die Politiker mit Tieren oder Parteien mit Autos vergleichen, würden rein „willkürlich“ erscheinen. Auffallend sei, dass bei den ersten aufgeführten Personen (Christian Kern, SPÖ, ein „eitler Pfau“; Reinhold Mitterlehner, ÖVP, eine „rabiate Hyäne“; Anm.) sämtliche Aussagen in eine negative Richtung ausgerichtet seien. Die erste rein positive Aussage fiel auf Sebastian Kurz (ÖVP), der als „süß aussehendes“ Eichhörnchen eingestuft wurde.

Auch hier sei nicht nachvollziehbar, wie die Analyse zustande kam. Außerdem gebe es widersprüchliche Angaben, ob es sich bei der Studie um Tiefeninterviews oder reine Gruppendiskussionen gehandelt habe. Schaffar wirft daher die Frage auf, ob diese überhaupt stattgefunden haben.

„Wissenschaft instrumentalisiert“
Es liege nun die Vermutung nahe, dass „der Zweck der ,Studien‘ die Generierung von Materialien zur medialen Verwertung“ gewesen sei, resümiert Schaffar. Sie rief dabei auch die umstrittene Studie zu den Islamkindergärten in Erinnerung, mit der versucht worden sei, „tendenziösen Aussagen einen seriösen Anstrich“ zu verpassen und so die Wissenschaft für die Politik zu instrumentalisieren. Es sei nun - im Sinne der Steuerzahler - dringend notwendig, die Hintergründe der Studie aufzuklären, so Schaffar.

Opposition fordert Rückzahlung von Studien-Geld
Auch bei der Opposition sorgen die veröffentlichten Studien für Aufregung. Wenn ÖVP-Obmann und Bundeskanzler Karl Nehammer „nur einen Funken Anstand“ habe, würde er sich für die „Exzesse seiner Partei“ entschuldigen und die Summe für die Studie „auf Heller und Pfennig“ zurückzahlen, forderte SPÖ-Geschäftsführer Christian Deutsch.

In dieselbe Kerbe schlagen die NEOS: Das Finanzministerium gehöre schließlich nicht der ÖVP - und damit auch nicht das Geld des Ministeriums, kritisierte der Abgeordnete Douglas Hoyos, dass die Aufträge dem Wahlsieg der ÖVP gedient hätten.

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