Es ist ein unermesslicher Schmerz, den die Salzburgerin Katharina Gerhardter-Kinner ertragen muss. Ihr Sohn Andreas starb am 18. November - tödlich überrollt von einem Polizeibus. Eine „völlig unnötige Wild-West-Fahrt mit mehreren Streifen“, sagt die Mutter aus dem Lungau. Täglich quält eine Frage: „Warum war die Verfolgung überhaupt nötig?“
Zehn Minuten Fußweg sind es vom Haus der Familie bis zur Stelle, wo Kerzen und Engerl von Schnee und Eis umrahmt werden. Ein Bild von Andreas findet sich hier in St. Andrä. Hier, wo der 15-Jährige sein Leben verlor, nachdem ein tonnenschwerer Polizeibus ihn überrollt hatte.
„Er war ein liebevoller und sanftmütiger Bub“, erzählt die Mutter der „Krone“. Engagiert bei der Feuerwehr, hilfsbereit und sozial. „Ein großer Bruder, der viel zu früh gehen hat müssen.“ Stolz war Andreas auf seine Mitgliedschaft beim Taurrachbahn Club 760 – ein Verein für Eisenbahn-Fans. Was bleibt, sind die Erinnerungen und die quälenden Fragen.
„Ich denke, dass der Unfall in Kauf genommen wurde“
Am 18. November, gegen 18 Uhr, ist Andreas mit seinem Moped einer Polizeikontrolle davon gefahren. Die Beamten hefteten sich an ihn, riefen Verstärkung. Offensichtlich, das ergeben die Funkprotokolle, wussten die Beamten, wer der Gesuchte war - mehrmals fiel der Name Gerhardter.
„Daher hätte man die Verfolgung abbrechen können. Er hätte seine Strafe bekommen, das Mofa wär abgenommen worden und die Sache wäre erledigt gewesen“, betont Gerhardter-Kinner.
Doch die Polizisten entschieden sich für die Verfolgung - bei Nacht auf einem steinigen Forstweg, gerade noch breit genug für ein Auto. „In welchem Universum man so ein Verhalten als gerechtfertigt ansehen kann, ist mir unverständlich.“ In den bisherigen Vernehmungen wiesen die Beamten ein Fehlverhalten von sich.
„Auf eine Entschuldigung warte ich noch heute“
„Wenn das wirklich so wäre, warum ist dann mein Andreas tot?“, fragt sich die trauernde Mutter. Ihrer Meinung nach stelle die Polizei ihren Sohn „wie einen Verbrecher dar, denn man mit Gewalt stoppen musste.“ Vom Tod ihres Kindes erfuhr sie überhaupt erst, als sie „in Todesangst um Andreas“ zur Rettung gefahren ist - die Polizei habe erst Stunden später informiert. „Auf eine Entschuldigung warte ich noch heute.“
Der Bub wurde zu Tode gehetzt, und das von sechs Polizisten. Die Verfolgung war unangebracht, da es nur Verwaltungsdelikte waren. Der Abstand wurde auch nicht eingehalten, sonst hätte das Auto vor dem Gestürzten halten können. Auch für die Polizei gelten Verkehrsregeln.
Opfer-Anwalt Stefan Rieder vom Weißen Ring
Sie hofft jetzt auf die Justiz: „Wenn man Polizisten, die im Dienst solche Entscheidungen treffen, weiter Dienst machen lässt, kann morgen jeder Mutter und jedem Vater dasselbe passieren. Heute ist es Andreas, morgen Lukas oder David.“
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