Oberösterreichs SPÖ-Vorsitzende Birgit Gerstorfer und ihr Geschäftsführer Georg Brockmeyer sind über eine umstrittene Impf-Plakatkampagne gestolpert. Wie der Linzer Bürgermeister Klaus Luger im Gespräch mit der „Krone“ bekannt gab, wird das Parteipräsidium deren Ablöse beschließen. „Weinende Kinder in einer Werbekampagne zu instrumentalisieren“, sei eine „moralische Bankrotterklärung“, hieß es zuvor.
Weinende Kinder, die auf großen Plakaten die Bevölkerung zur Corona-Impfung aufrufen: Diese Kampagne, die die SPÖ am Montag präsentiert hat, sorgt für einen Umbruch an der SPÖ-Spitze. Wie berichtet, hatte Dienstagfrüh Nationalratsabgeordneter Dietmar Keck (SPÖ) den Rücktritt seiner OÖ-Parteikollegen Birgit Gerstorfer und Georg Brockmeyer gefordert. Eine Rolle spielt aber auch eine Studie im Auftrag der Landespartei, die die Rolle der Gewerkschaften hinterfragt. Es sei der „zweite Eklat innerhalb weniger Wochen“, so Keck, der auch Vorsitzender der Linzer Sektion voestalpine ist.
Lindner übernimmt
Damit dürfte es jetzt schneller etwas werden, als geplant. Laut dem Linzer Bürgermeister Klaus Luger soll Klubchef Michael Lindner bereits am kommenden Montag im Parteipräsidium zum interimistischen Parteichef ernannt werden. Er soll unmittelbar die Geschäfte übernehmen. Zudem soll der im September geplante Landesparteitag auf Juni vorverschoben werden. „Das Parteiprogramm muss dabei völlig neu ausgerichtet werden“, fordert Luger.
„Duo ist nicht mehr tragbar“
Landtagspräsident Peter Binder bestätigte, dass nach der Kampagnenpräsentation Montagvormittag „der Stein ins Rollen“ gekommen sei. Es stellte sich heraus, dass die Werbesujets von keinem Funktionär abgesegnet worden seien. Er sprach von einem Alleingang Gerstorfers und Brockmeyers. Innerhalb kürzester Zeit hätten die beiden zweimal gegen die „Usancen der Partei verstoßen“. Daher ist auch für Binder das Duo nicht mehr tragbar. Klubobmann Lindner als neuer Parteivorsitzender sei für ihn logisch. „Er ist aus derzeitiger Sicht derjenige, der innerhalb der Partei mit der größten Unterstützung rechnen kann.“ Binder geht davon aus, dass in der Präsidiumssitzung am Montag über den vorgezogenen Parteitag und den Wechsel an der Spitze entschieden werde.
Michael Lindner ist aus derzeitiger Sicht derjenige, der innerhalb der Partei mit der größten Unterstützung rechnen kann.
Landtagspräsident Peter Binder
Er selber „ärgert sich und bedauert“, dass er am Montag noch gemeinsam mit Brockmeyer die Kampagne präsentiert habe, sagte Binder, der auch Gesundheitssprecher ist. Er sei am Freitag gefragt worden, ob er diese in einer Pressekonferenz vorstellen würde. Er habe eingewilligt, ohne jedoch vorher die Sujets gekannt zu haben. Als er dann am Montag kurz vor der Pressekonferenz diese gesehen habe, fand er sie eigentlich auch nicht tragbar, meinte er. Allerdings sei er davon ausgegangen, dass sie von mehreren Personen freigeben worden war.
Gerstorfer hat bereits vor einiger Zeit erklärt, dass sie sich mittelfristig zurückziehen werde. Der Zeitpunkt war aber noch offen. Lindner wurde immer wieder als ihr Nachfolger gehandelt. Die Partei hatte bei der Landtagswahl im Herbst nur ein mageres Ergebnis erzielt und war in ihren Regierungskompetenzen beschnitten worden.
Analyse sorgt für Unmut
Zuletzt sorgte zudem eine von der Partei in Auftrag gegebene Analyse für Unmut: Darin legen die Politikberaterin Jana Faus, der Journalist Horand Knaup und der ehemalige SPD-Politiker Michael Rüter der Partei nahe, ihr Verhältnis zu den Gewerkschaften neu zu überdenken. Diese seien zweifelsfrei wichtig für die Sozialdemokratie, aber immer „einer bestimmten Klientel verpflichtet“, oft wenig kompromissorientiert und mit „Hang zur Besitzstandswahrung“ ausgestattet, heißt es in dem Papier. Dass immer bestimmte Listenplätze Gewerkschaftern vorbehalten sind, müsse zumindest einer Diskussion unterzogen werden, so der Rat, der für Unmut in den Reihen der Gewerkschaft gesorgt hat.
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