Die Wiener FPÖ hat erzürnt auf die Beibehaltung der 2G-Regel in der Gastronomie in der Bundeshauptstadt reagiert. „2G in der Gastro ist der Todesstoß für Wirte. Es ist einfach nicht nachvollziehbar, warum Bürgermeister Michael Ludwig daran weiter festhält“, kritisiert der blaue Frontmann Dominik Nepp. Er fordert weiterhin die Aufhebung sämtlicher Corona-Maßnahmen. Die ÖVP Wien wiederum sieht die Gefahr, dass Gastrobesucher nun auf andere Bundesländer ausweichen. Aus der Wirtschaft kommen hingegen sehr versöhnliche Töne: Die spätere Sperrstunde und 2G-Ende im Handel seien besonders erfreulich.
Nach den Worten Nepps bringt die 2G-Regel in der Gastronomie nichts. „Außer, dass Lokalbetreiber weiter mit massiven Einbußen zu rechnen haben“, betont der freiheitliche Stadtrat.
„Bettenbelegung mit Covid-Patienten mehr als überschaubar“
Seit Wochen seien die Nichtgeimpften seiner Meinung nach aus dem normalen Alltag ausgesperrt, die Infektionszahlen würden trotzdem steige. „Die Krankenhausbettenbelegung mit Covid-Patienten ist mehr als überschaubar. Ludwig scheint sich in der Rolle des Totengräbers der Wiener Wirtschaft zu gefallen“, ärgert sich Nepp.
Ludwig scheint sich in der Rolle des Totengräbers der Wiener Wirtschaft zu gefallen.
Dominik Nepp, Wiener FPÖ-Chef
Ludwig kontert Nepp: „Wir haben steigende Zahlen in den Spitälern“
Ludwig schätzt die Situation in den Spitälern ganz anders ein. „Wir haben dort steigende Zahlen, also keine Rede von keiner spürbaren Entlastung. Die Situation bleibt schwierig, wir wissen nicht genau, wie sich Omikron auf das Infektionsgeschehen und auf die Belegung in den Spitälern auswirken wird“, so der Bürgermeister in einer Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag.
ÖVP: „Druck der Volkspartei Wien zeigt Wirkung“
Die ÖVP lobt zum Großteil Ludwigs Ankündigungen. „Der Druck der Volkspartei hat seine Wirkung offensichtlich nicht verfehlt. Die vom Bund entschiedenen Lockerungen werden von Wien nun fast gänzlich übernommen. Dies stellt eine wichtige Voraussetzung für die Existenz vieler Wirtschaftstreibender in Wien dar“, so der designierte Landesparteiobmann der Volkspartei Wien, Stadtrat Karl Mahrer.
Sorge vor abwanderungswilligen Gastrobesuchern
Die Beibehaltung der 2G-Regel in der Gastronomie stelle allerdings ein weiterhin vorhandenes Problem dar. „Es ist weder gesundheitspolitisch noch wirtschaftspolitisch nachvollziehbar, konsumwillige Gastrobesucher einfach nach Niederösterreich abwandern zu lassen. Die Stadtregierung muss daher jetzt ein individuelles Entlastungspaket für die Wiener Gastronomie schnüren, damit die betroffenen Betriebe durch die aktuelle Krise kommen“, ergänzt ÖVP-Finanzsprecher Manfred Juraczka.
NEOS: „Bundeseinheitliches Vorgehen wäre schlüssiger“
Zurückhaltender reagiert Ludwigs Koalitionspartner, die NEOS, auf die neuen Maßnahmen. „Die Entscheidung, 2G in der Gastronomie beizubehalten, ist nachvollziehbar. Allerdings: Warum in Wien schon wieder andere Maßnahmen gelten als in den anderen Bundesländern, versteht wiederum niemand. Ein bundeseinheitliches Vorgehen wäre schlüssiger und wünschenswert“, so der pinke Pandemiesprecher Gerald Loacker.
Er sei der Meinung, dass überall dort, wo 2G gilt, die Maskenpflicht und Kapazitätsbeschränkungen fallen sollten. Mittelfristig ist Loacker überzeugt, müssten alle Freiheitsbeschränkungen aufgehoben werden: „Nach fast zwei Jahren Pandemie sind die Menschen, die sich an alles gehalten und alle Maßnahmen mitgetragen haben, müde und ungeduldig.“
Tourismus und Freizeitwirtschaft begrüßen die Wiener Maßnahmen
Für Markus Grießler, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Wien, sind die am Donnerstag verkündeten Maßnahmen für Wien der richtige Weg: „Wir begrüßen diesen Schritt in Richtung Normalität - und zu mehr Chancengleichheit für die Wirtschaft. Dass weiterhin eine 2G-Regelung in der Gastronomie gilt, sichert die Gäste und Mitarbeiter in der noch immer angespannten Situation.“
Die 2G-Regelung in der Gastronomie sichert die Gäste und Mitarbeiter in der noch immer angespannten Situation.
Markus Grießler, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Wien
Lob für spätere Sperrstunde
Besonders wichtig sei die spätere Sperrstunde für Gastronomie und Hotellerie, so Grießler: „Die spätere Sperrstunde macht Wien wieder attraktiver für Gäste, genauso wie für die eigene Bevölkerung. Sie bedeutet für die Unternehmer, dass sie wieder mehr Gäste begrüßen können und sichert damit das wirtschaftliche Überleben.“
Genauso bedeutend ist die spätere Sperrstunde auch für weitere Freizeitbetriebe in der Stadt, beispielsweise die Kinos: „Gerade für sie bedeutet die spätere Sperrstunde eine Vorstellung pro Kinosaal mehr pro Tag. Und damit wieder die Rückkehr zum normalen Filmangebot.“
Auch Handel feiert 2G-Ende
„Der Wiener Handel ist sehr froh über das Ende von 2G, es ist an der Zeit für Öffnungen“, sagt Handelsobfrau Margarete Gumprecht. Auch der Handelsverband jubelt. Einziger Wermutstropfen sei, dass die Gastronomie vorerst nicht mitzieht. „Jeder Frequenzrückgang in den Gastronomiebetrieben wirkt sich auch negativ auf die Umsätze in den Geschäften aus“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Daher hoffe man auf eine zeitnahe Anpassung auch in dieser Branche.
Die Hoteliers (Auslastung in Wien derzeit acht Prozent) sehen nach langer Durststrecke endlich Oberwasser am Horizont. „Der Bürgermeister hat im Sinne des Tourismus gehandelt. Wir können wieder alle Tore für unsere Gäste öffnen“, sagt Hotel-Obmann Dominic Schmid. Eine Sache gehöre allerdings vom Bund noch geändert. Der Grüne Pass gilt in Österreich kürzer als in vielen anderen europäischen Staaten. „Das verwirrt unsere Gäste“, sagt Schmid.
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