"Zu blöd und zu feig"

Treichl-Aussagen bringen die Politiker zum Kochen

Österreich
16.05.2011 11:02
Ein Rundumschlag von Erste-Group-Chef Andreas Treichl hat am Wochenende für Aufregung in der heimischen Politik gesorgt. Treichl hatte am Freitag auf einer ÖVP-Veranstaltung im Zusammenhang mit ungleichen Kapitalvorschriften gemeint, dass Österreichs Politiker "zu blöd und zu feig" seien und von Wirtschaft keine Ahnung hätten. Die SPÖ warf Treichl daraufhin Arroganz und Abgehobenheit vor. Auch die ÖVP fand deutliche Worte.

Kreditvergaben an vertrauenswürdige heimische Firmen seien im Vergleich zu Ausleihungen an notleidende Staaten wie Griechenland zu streng reglementiert, kritisierte Treichl in Salzburg, und fügte hinzu: "Das ist eine Frechheit, das ist ein ganz grober Fehler. Unsere Politiker sind zu blöd und zu feig dazu und zu unverständig dafür, weil sie von der Wirtschaft keine Ahnung haben, um dagegen zu wirken. Das wird Österreich schaden und wir werden hinter andere Länder zurückfallen", wetterte Treichl. Eine Demokratie, die solchen Auswüchsen nichts entgegensetzen könne, verliere ihre Legitimation und öffne politischen Scharlatanen Tür und Tor, warnte der Erste-Boss.

SPÖ: "Raffgier und Abgehobenheit"
SPÖ-Staatssekretär Josef Ostermayer erinnerte daran, dass die Erste unter jenen Banken war, die in der Krise Staatshilfen angenommen hatten. "Ich finde, es ergibt ein sehr schlechtes Bild, wenn man zuerst die Politik und die Menschen um Hilfe bittet und wenn man dann die Hilfe bekommen hat, Raffgier und Abgehobenheit an den Tag legt", kritisierte er in der ORF-ZiB am Sonntagabend. "Damals, am Höhepunkt der Finanzkrise, sei etlichen Bankmanagern die Angst ins Gesicht geschrieben gewesen, jetzt weicht sie offenbar wieder ein bisschen der Arroganz", sagte er auch in Bezug auf die am Freitag bekannt gewordene kräftige Erhöhung bei den Aufsichtsrats-Gagen der Erste Bank (siehe Infobox). 

"Wenn sich Banken wirtschaftlich verspekulieren und von der Politik Haftungsgarantien beschlossen werden, die noch dazu für die Bevölkerung unverständlich sind, ist es Treichl überlassen, selbst zu beantworten, wer hier feig und blöd ist. Der, der sich verspekuliert hat, oder der, der hilft, das Bankengeschäft aufrechtzuerhalten und die Spareinlagen abzusichern", so der Kärntner VP-Nationalratsabgeordnete Gabriel Obernosterer am Montag in einer Aussendung. Immerhin seien mit diesen Milliarden auch die Spareinlagen der Menschen abgesichert worden.

Grüne erkennen einen wahren Kern in Treichls Aussagen
Der Ton sei für einen Bankdirektor vielleicht ein bisschen unüblich, aber er wolle da jetzt nicht gegenrechnen und Öl ins Feuer gießen, so Budgetsprecher der Grünen, Werner Kogler, im Ö1-Morgenjournal am Montag. Kogler erkennt einen wahren Kern in den Aussagen von Treichl: "Auch die Grünen kritisieren regelmäßig, dass die Kredite in die Realwirtschaft gegenüber den spekulativen Veranlagungen wesentlich schlechter gestellt sind. Das ist ein Unsinn. Das sind die Ursachen für Krisen."

BZÖ-Chef Josef Bucher war verwundert über die "Aussage eines Bankers, wenn er die Politiker beschimpft gerade nach einigen Jahren, wo wir den Banken massiv geholfen haben, bzw. der Steuerzahler massiv geholfen hat. Und da sollte man den Mund eher nicht so voll nehmen", so Bucher im Ö1-Morgenjournal. Auch er glaubt aber, dass die Kreditvergaben falsch seien: "Die Leichtfertigkeit auf europäischer Ebene, nämlich Griechenland beispielsweise unter die Arme zu greifen, das ist ein massiver Fehler der Politik gewesen."

FPÖ: Treichl ist die "personifizierte Unanständigkeit"
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky gibt Treichl inhaltlich zwar recht, meint aber: "Wir sind damit nicht gemeint". Der Erste-Chef treffe vielmehr seine eigenen Parteifreunde, die ÖVP-Finanzminister. "Da mag es sein, dass hier die Attribute des Herrn Treichl zutreffen. Nur Faktum ist, der Herr Treichl ist aus meiner Sicht die personifizierte Unanständigkeit. Nimmt Staatshilfe im Milliardenausmaß und schimpft nachher und zahlt sich selbst Millionenhonorare aus", so Vilimsky im Ö1-Morgenjournal.

Treichl selbst steht auch drei Tage nach seinen umstrittenen Äußerungen zum Inhalt, wie am Montag aus der Bank bestätigt wurde. Bisher habe es nur positive Reaktionen auf seine Rede, vor allem aus der Wirtschaft, gegeben. In der ORF-Pressestunde am Sonntag zeigte etwa Veit Sorger, Chef der Industriellenvereinigung, Verständnis für Treichls Unmut, "der grundsätzlich bei Unternehmen vorhanden ist". Grund sei ein gewisser Stillstand im Land, sagte Sorger, der auch Aufsichtsratschef der Banken-ÖIAG Fimbag ist.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt