Jeder von uns ist irgendwann direkt oder indirekt auf Pflege angewiesen. Trotzdem sind die Bedingungen schlecht. Oberösterreich verstärkt jetzt die Bemühungen, den Beruf attraktiver zu machen.
Das Defizit an Pflegekräften ist bei weitem nicht neu, nun aber in völlig neuem Ausmaß spürbar. Heike Schütz-Krennbauer ist Leiterin im Zentrum für Betreuung und Pflege in Sankt Florian. Sie sagt: „Wir wissen, dass die Pflegekräfte seit den 2000er-Jahren zu wenig sind. Da kämpft jede Einrichtung, in der Pflege benötigt wird. Der Personalschlüssel wurde seit den 1990er Jahren nicht mehr angehoben.“
15.000 Pflegebedürftige mehr bis 2030
Viele Menschenbekommen bereits beim Gedanken an die Zukunft der Pflege Bauchschmerzen. Eine Bedarfsprognose für 2030 - dabei handelt es sich um eine Erhebung aus dem Jahr 2019 - zeigt das ganze Ausmaß der Problematik. Diese spricht von etwa 34.200 zusätzlich benötigten Pflegekräften in Österreich sowie von 41.500 Menschen aus dieser Berufsgruppe, die dann in Pension sein werden und ersetzt werden müssen. Macht insgesamt 75.700 Personen, die man bis 2030 für den Pflegejob begeistern will - beziehungsweise begeistern muss.
Alleine in Oberösterreich werden bis 2030 rund 1500 zusätzliche Vollzeit-Pflegekräfte zu den derzeit 7500 Beschäftigten benötigt - auch deshalb, weil hierzulande bis dahin die Zahl der pflegebedürftigen Menschen laut Prognosen der Statistik Austria von gut 86.000 auf 102.700 anwachsen wird.
„Hungerlohn“ während der Ausbildung
Auf die Frage nach dem Grund für den Mangel gibt es verschiedene Antworten, allen voran werden die Ausbildungsbedingungen genannt. Die „Krone“ erreichte ein Leserbrief einer Frau, der genau dieses Thema ansprach: Ausbildungskonditionen in der Pflege. Ihre Tochter hatte sich für den Beruf als Pflegeassistentin entschieden. In dem Brief kritisierte die Mutter die Bedingungen während der Ausbildung, unter anderem den „Hungerlohn“. Knapp über 100 Euro verdient ihre Tochter als Auszubildende. „Damit könnten wir schon lange zusperren“, so die Mutter, die im Gastgewerbe tätig ist. „Nicht jede Familie kann sich so eine Ausbildung für ihr Kind leisten, selbst mit Familienbeihilfe.“
Neue Fachkräftestrategie
Der gesamten Problematik will man in Oberösterreich jetzt entgegentreten - unter anderem mit einer neuen Ausbildung, die die Oberösterreichische Gesundheitsholding (OÖGH) ab kommendem Herbst eine anbietet: die „PflegestarterInnen“. So soll es bereits ab einem Alter von 15 Jahren möglich sein, den Bildungsweg in Richtung Pflege einzuschlagen.
Auch auf politischer Ebene will man das Problem nicht mehr schönreden. Die Gesundheitssprecherin der Grünen, Ulrike Schwarz, hat eine einfache Formel parat: „Mehr Pflegepersonal bekommen wir nur, wenn die Entlohnung rauf und die Belastung runter geht.“ Dem will sich eine von Land, Städten und Gemeinden angestoßene „Fachkräftestrategie Pflege“ annehmen. Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) stellte das Paket am Freitag gemeinsam mit den Präsidenten von Städte- und Gemeindebund, Klaus Luger (SPÖ) und Johann Hingsamer (ÖVP), vor.
Mein Zugang ist: Weg vom Troubleshooting hin zu einem klaren Fahrplan. Ich lade alle Praktiker ein, sich an der Strategie zu beteiligen.
Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP), Soziallandesrat
Weniger Bürokratie
Der jetzt angestoßene Prozess soll in den kommenden Monaten Lösungen für drei Bereiche bringen: Gewinnung von Fachkräften, Ausbildung und Qualifikation sowie Arbeitsorganisation und Aufgabenstruktur. Dabei geht es unter anderem darum, Zielgruppen anzusprechen oder ehemalige Beschäftigte wieder zu gewinnen. Attraktivere Lehrpläne, flexiblere Ausbildung und weniger Bürokratie für Pflegekräfte stehen ebenfalls auf der Agenda.
Laut Hattmannsdorfer soll es jetzt schnell gehen: Im Mai werden die Ideen in einer Expertenkonferenz evaluiert, im Herbst soll ein konkreter Plan vorgestellt und im Winter erste Schritte umgesetzt werden.
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