Beim ÖVP-Korruptionsausschuss beginnen am Mittwoch die Befragungen, als erste Auskunftsperson ist Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) geladen. Der Name ist Programm, es soll geklärt werden, ob ÖVP-Politiker ihre Befugnisse überschritten haben und so dem Staat Schaden entstand. In der Volkspartei ist man aber bemüht, den Fokus auf andere zu richten. Jede Partei, die mit der ÖVP seit 2017 in der Regierung war, sei ebenfalls vom Untersuchungsgegenstand umfasst, erklärte man am Montag. Beim grünen Koalitionspartner sieht man das anders.
Der Untersuchungsgegenstand ist klar: Geklärt werden soll, ob „der ÖVP zuzuordnende Personen“ in Spitzenpositionen ihre Befugnisse übertreten haben, um die Interessen ihrer Partei zu förden - und ob dabei „staatlichen Interessen möglicherweise ein Schaden entstanden ist“. Unbeeindruckt davon verwies Fraktionsvorsitzender Andreas Hanger auf die Rechtsansicht der ÖVP: Eine politische Partei könne nicht Untersuchungsgegenstand sein, und wenn man sich ein Gesamtsystem mutmaßlicher Vorteilsgewährungen durch Organe des Bundes anschauen wolle, müssten auch die jeweiligen Regierungspartner untersucht werden.
Hanger sprach deshalb lieber von einem „Transparenz-Untersuchungsausschuss“, und für volle Transparenz und Aufklärung stehe man bei der ÖVP auch. Als Beispiel dafür fiel Hanger wenig überraschend zunächst die FPÖ (aber auch die NEOS und der Ex-Abgeordnete Peter Pilz) und deren Verbindungen zum Ex-Verfassungsschützer Egisto Ott ein. Mit dem Disziplinarakt Otts habe man von der FPÖ quasi einen Elfmeter aufgelegt bekommen. Es gebe Hinweise für Zahlungsflüsse von den Freiheitlichen zu dieser „Geheimdienstclique“, Herbert Kickl sei damals bereits für den FPÖ-Klub zuständig gewesen. Vorwurfe der Amtsgeheimnisverletzung und des Amtsmissbrauchs stünden im Raum. Auch die Causa um den ehemaligen Generalsekretär im Außenministerium, Johannes Peterlik, nannte Hanger.
Vorwürfe auch gegen SPÖ
Und auch die SPÖ schaffte der Fraktionschef ins Spiel zu bringen. Mit dem Einvernahmeprotokoll der in der Korruptionsaffäre rund um die ÖVP und Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz vorübergehend festgenommene Meinungsforscherin Sabine Beinschab stehe der Vorwurf im Raum, dass Wahlumfragen durch die SPÖ manipuliert worden seien. Geschäftsführer der Zeitung „heute“ sei damals Wolfgang Jansky gewesen, und es sei „lebensfremd“, dass die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) als Janskys Lebensgefährtin über diese Umfragemanipulation nichts gewusst hätte.
Mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) als U-Ausschuss-Vorsitzender hat Hanger hingegen kein Problem. Nicht kommentieren wollte er dessen heftig kritisierten Aussagen zur Parlamentsausschaltung 1933 oder den Vergleich des aktuellen russischen Angriffs mit der Lage in Österreich 1945. Generell rief Hanger zu Ruhe und Gelassenheit auf und erinnerte an die Eskalationsspirale rund um die Ukraine. Da sollten „auch wir in der Innenpolitik genau überlegen, mit welcher Tonalität und Wortwahl wir an diesen Untersuchungsausschuss herangehen“.
„Spezialbehandlungen für Superreiche“
Gänzlich anders sah das die Grüne Abgeordnete Nina Tomaselli, die mit David Stögmüller ihre Fraktion im U-Ausschuss vertritt. „Spätestens seit den Ereignissen im Oktober vergangenen Jahres ist den meisten Österreicherinnen und Österreichern klar: Ein kleiner Machtzirkel vornehmlich junger Männer hat das ganze Land getäuscht“, erklärte sie in einer Aussendung: „Wie haben sie das gemacht? Sie haben manipuliert. Sie haben Postenschacher betrieben. Und sie haben sich um Spezialbehandlungen für Superreiche gekümmert. Doch die große Täuschung ist aufgeflogen. Jetzt geht es darum, Schlupflöcher im System zu erkennen, abzudichten und Vertrauen zurückgewinnen“.
NEOS-Poltiker: „Hanger ist ein dummer Lügner“
NEOS-Abgeordneter Helmut Brandstätter reagierte auf Hanger und dessen Vorwürfe bezüglich Verbindungen zwischen BVT-Mitarbeitern und Parlamentsmandataren emotional. In einem Tweet bezeichnete er ihn als „dummen und plumpen Lügner“ und „miesen Verleumder“.
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