Rendi-Wagner im Talk:

„Pensionen und Mindestsicherung erhöhen!“

Politik
01.04.2022 06:00

Die SPÖ-Chefin will Kanzlerin werden: Pamela Rendi-Wagner über ihre Pläne gegen die Teuerungen, eigene Fehler, wieso sie für die Impfpflicht für Ungeimpfte ist und über Humor.

„Krone“: Frau Dr. Rendi-Wagner, jetzt haben Sie also vergangenen Sonntag eine Kanzlerinnen-Rede gehalten, sitzen heute aber immer noch in Ihrem alten Büro. Und nun?
Pamela Rendi-Wagner: Und nun? Das denke ich mir, wenn ich mich im Land umsehe. Das Leben der Menschen wird immer schwerer, auch aufgrund der größten Teuerung seit Jahrzehnten. Warum? Weil diese Bundesregierung immer handlungsunfähiger wird. Es war also genau der richtige Zeitpunkt für diese Rede.

Sie haben bei dieser Rede fünf ehemalige SPÖ-Kanzler auf die Bühne geholt und erklärt: „Wir verurteilen das, was die Regierungen der letzten fünf Jahre aus unserem Land gemacht haben.“ Heute vor fünf Jahren war Christian Kern von der SPÖ Bundeskanzler. Was hat er Ihrer Meinung nach denn falsch gemacht?
Sie wissen genau, dass wir 2017 eine Wahl und danach ÖVP-Regierungen hatten. Es kam aber seither zu sehr vielen Regierungsumbildungen, quasi am laufenden Band. Wir haben mittlerweile den dritten Kanzler und den dritten Gesundheitsminister. Das ist alles andere als Stabilität.

Von vielen wurde Christian Kerns Nähe zu Wladimir Putin und sein Posten bei der russischen Staatsbahn kritisiert, den er erst aufgegeben hat, als bereits die ersten Raketen eingeschlagen sind. Ist es für Sie in Ordnung, wenn ehemalige SPÖ-Politiker auf der Gehaltsliste eines Despoten stehen oder standen?
Kern hat nach dem russischen Einmarsch im Gegensatz zu Schüssel sofort die Konsequenzen gezogen. Ganz grundsätzlich beurteile ich Politiker aber nach dem Handeln in ihrer aktiven Zeit und weniger nach den Tätigkeiten als Privatpersonen.

Das heißt, er hätte auch Waffenhändler werden können, und es würde Sie nicht stören?
Also mich würde jeder stören, der mit Waffen handelt, egal, ob es Christian Kern oder ein anderer ist.

Schon bereit für die erste Doskozil-Frage?
(lacht)
 Immer.

Hat Ihnen Burgenlands Landeshauptmann nach der Rede gratuliert? Die Blumen da hinten auf dem Tisch sind nicht von ihm, oder?
Nein, die Blumen sind nicht von ihm. Und ich habe mir auch keine Gratulation erwartet.

Die Umfragen Ihrer Partei steigen wieder. Weil Sie so gut, oder die anderen so schlecht sind?
Fakt ist, dass wir seit vielen Monaten laufend Vertrauen in der Bevölkerung dazugewinnen, weil die Menschen einfach spüren, wenn man sich ehrlich um ihre Probleme und Anliegen kümmert.

Wo Sie nicht groß dazu gewinnen, ist beim Vertrauensindex. Da sind Sie nur eine Spur besser als Bildungsminister Martin Polaschek, der erst vergangene Woche von der Gewerkschaft zum Rücktritt aufgefordert worden ist. Sehen so Kanzlerwerte aus?
Kanzlerwerte schauen wir uns dann an, wenn ich Kanzlerin bin.

Wäre auch Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig ein guter Bundeskanzler?
Ich denke, dass es viele Persönlichkeiten in unserer Partei gibt, die gute Qualitäten mitbringen. Aber ich bin jetzt die Vorsitzende dieser Partei, und ich werde auch die Spitzenkandidatin sein.

Gehört zu diesen vielen Persönlichkeiten auch Hans Peter Doskozil?
Ich denke, diese Frage stellt sich nicht, weil er sich nie ins Spiel gebracht hat.

Rendi Wagner und „Krone“-Redakteur Michael Pommer im Gespräch. Die Blumen auf dem Schreibtisch sind nicht von Hans Peter Doskozil. (Bild: Tomschi Peter)
Rendi Wagner und „Krone“-Redakteur Michael Pommer im Gespräch. Die Blumen auf dem Schreibtisch sind nicht von Hans Peter Doskozil.

Also gut, Gedankenexperiment, gehen wir davon aus: Sie sind Bundeskanzlerin Österreichs. Was würden Sie zuerst umsetzen?
Ich würde als Erstes diese akute Teuerung bekämpfen und eine Mehrwertsteuer-Senkung bei Sprit, Strom und Gas einführen. Ich will nicht, dass die Menschen in einem Land wie Österreich in Sozialmärkte stürmen müssen.

Aber wieso unternimmt die SPÖ nicht mehr, dort, wo sie es könnte? Im roten Wien wurden mit 1. Jänner die Gebühren auf Wasser, Kanal und Müll erhöht. Nächstes Jahr vermutlich auch. Das neue Parkpickerl spült 54 Millionen Euro an Mehreinnahmen in die Stadtkasse. Wien prüft eine Erhöhung der Preise für die Fernwärme. Und Wien Energie, ein Teil der Stadtwerke, ist noch stolz auf den Rekordgewinn, während sich die Wiener finanziell ausbrennen. Da gäbe es genug Potenzial, oder?
Man kann sich nicht in jeder weltweiten Krise als Bundesregierung zurücklehnen und sagen, die Bundesländer haben die Verantwortung, Maßnahmen zu setzen. Da braucht es jetzt, so wie es die deutsche Bundesregierung vorgemacht hat, ein landesweites Paket, das den Menschen sofort hilft. Und für Pensionisten ist eines klar, sie haben eine Pensionsanpassung von 1,8 Prozent, die tatsächliche Teuerung liegt aber bei sechs Prozent. Das heißt, es braucht eine sofortige Pensionserhöhung in der Höhe der tatsächlichen Teuerung, also auf sechs Prozent.

Gilt das Gleiche auch für die Mindestsicherung?
Ich denke, dass es notwendig ist, den Menschen genug Geld zum Leben zu lassen. Die Mindestsicherung sollte auch in dieser Höhe angepasst werden, sonst macht es ja keinen Sinn.

Kommen wir zum Thema Corona. Was waren die drei größten Fehler der Bundesregierung?
Dass man jetzt im dritten Corona-Jahr dieselben Fehler der ersten Jahre wiederholt. Dass man keine Vorkehrungen trifft, um sich auf eine Herbstwelle vorzubereiten. Dass man die Corona-Pandemie zu früh für beendet erklärt hat. Dass man es nicht geschafft hat, eine hohe Durchimpfungsrate zu erreichen. Das waren vier.

Aber auch Ihnen sind eklatante Fehleinschätzungen passiert. Zu Beginn der Pandemie haben Sie in einem Interview gesagt: „Nichts bringt es bei der Prävention, wenn man Masken trägt. Masken gehören nicht in den Alltag, weil sie sogar das Infektionsgeschehen erhöhen können.“ Im Vorjahr haben Sie Hans Peter Doskozil wegen der „eindeutig zu frühen Öffnungen“ getadelt, die sich dann als eben nicht falsch herausgestellt haben. Ist es nicht so, dass auch Sie Fehler machen, nur fallen sie in Opposition eben nicht so auf?
Was die Masken betrifft: Man selbst lernt dazu, die Wissenschaft lernt dazu, die Experten lernen dazu. Und es ist entscheidend, dass die Politik dazulernt. Aber diesen Lerneffekt sehe ich bei der Bundesregierung nicht.

Kommen wir wieder zur Bundeskanzlerin Rendi-Wagner: Wie würden Sie das Land heute auf den Corona-Herbst vorbereiten?
Wir müssen bis zum Herbst eine Impfrate schaffen, die uns einen gewissen Schutz in der Bevölkerung gibt. Davon sind wir weit entfernt. Zweitens: Schutzmaßnahmen, die sich als Gewohnheiten etabliert haben, wie die Masken, sollten beibehalten werden, auch in den Sommermonaten. Und ein etabliertes Testsystem ist extrem wichtig.

Sie würden als Kanzlerin also jetzt die Impfpflicht sanktionieren?
Die Impfpflichtkommission hat der Politik die Möglichkeit gelassen, zu entscheiden, ob man jetzt für die komplett ungeimpfte Population eine Impfpflicht umsetzt. Dieser Empfehlung wäre ich gefolgt. Im Herbst ist es zu spät.

Letzte Frage. Laut dem Humor-Report von Marketagent wünschen sich 50 Prozent der Österreicher mehr Humor. Erheitern Sie die Österreicher. Erzählen Sie uns Ihren Lieblingswitz.
Diese Bundesregierung hält bis 2024.

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